von Thomas Vollmer (Kommentare: 0) in Kategorie » Gran Canaria «
Das traurige Leben im Freizeitpark
Vor vielen Jahren sollte hier am Rande der Stadt ein groß angelegter Freizeitpark entstehen, aber wie so oft, kam es auch in diesem Falle ganz anders, als die Planer es vorgesehen hatten. Die Investoren verfügten am Ende doch nicht über die nötigen Mittel, den Traum vom Tivoli – so sollte der Park nach seinem großen skandinavischen Vorbild heißen – zu verwirklichen. Was geblieben ist, sind die Ruinen, die nun schon seit unsäglich langer Zeit den Eingang zur Kapitale Gran Canarias verunzieren. Jetzt sollen sie endlich abgerissen werden. Die Bagger und Räumfahrzeuge sind schon angerollt, doch so einfach, wie sich die Stadtväter die Beseitigung des Schandflecks vorgestellt haben, wird die Sache nicht werden.
Zuflucht für die Menschen am Rande der Gesellschaft
In den Ruinen hat sich in den vergangenen Jahren eine kleine Gemeinschaft gebildet, die dort ein neues Zuhause gefunden hat. Menschen, die aus der bürgerlichen Bahn geraten sind, haben hier einen Ort gefunden, an dem sie, fern von so selbstverständlichen Dingen wie Strom und fließendem Wasser, eine Zuflucht gefunden haben, die sie jetzt aufgeben sollen. Die Schicksale sind so vielfältig wie die Bewohner der Parkruine, die so gar nichts von der Atmosphäre ausstrahlt, die hier einmal Besucher aus aller Welt begeistern sollte. Durch Arbeitslosigkeit, Krankheit, persönliche Schicksalsschläge und andere Widrigkeiten des Lebens sind sie hier gelandet und haben sich zum Teil erstaunlich kommod eingerichtet.
Doch auch bei aller vordergründigen Clochardromantik ist das Leben in den Betonruinen nicht als menschenwürdig und gleich gar nicht als gesund zu bezeichnen. Schon allein die Versorgung mit Wasser ist geeignet, unzählige Erkrankungen hervorzurufen. Mit großen Plastikflaschen ausgerüstet, ziehen die Parkbewohner zu einer in der Nähe gelegenen Abwasserleitung, aus der sie eine Flüssigkeit abzapfen, die nicht auch nur annähernd etwas mit sauberem Trinkwasser zu tun hat. Aber es ist ihre „fuente“, ihre Quelle, eine andere gibt es nicht.
Bewohner verlangen schriftliche Zusagen
Jetzt soll Schluss sein mit dem Leben in der Ruine. Antonio, Miguel, Julia und all die anderen, von denen niemand weiß, wie viele es im Moment tatsächlich sind, die hier ihr Dasein fristen, sollen umziehen. Auch Fabiola, die an Epilepsie leidet und seit sechs Monaten im Tivoli wohnt, bekam von der Stadt das Angebot, in ein Apartmenthaus in Las Palmas zu ziehen. Die Mietkosten und auch die zu hinterlegende Kaution übernimmt die Stadt, so hat man es ihr gesagt.
Doch Fabiola traut der ganzen Sache nicht, zu oft hat man sie in ihrem Leben schon enttäuscht. Deshalb will sie so lange ausharren, bis sie eine schriftliche Zusicherung von der Stadt bekommt. Wie auch ihre Mitbewohner befürchtet sie, dass die mündlichen Versprechungen der Stadt nichts wert sind und sie nur dazu gebracht werden sollen, das Gelände zu verlassen. Selbst wenn die Stadt zunächst für ihre Unterbringung sorgen sollte, bleibt die Angst davor, dass die Mietzahlungen für die schicke neue Wohnung von den Behörden bald wieder eingestellt werden. Dann hätten sie nicht einmal mehr ihre bescheidene Behausung, in der sie Zuflucht gefunden haben, als sie ganz unten angekommen waren.
Bagger müssen noch warten
So müssen die Bagger noch etwas warten, bevor sie den Schandfleck, der so lange das Bild am Tor der Hauptstadt bestimmt hat, beseitigen können. Aus der Stadtverwaltung war zu hören, dass man die geforderten Zusicherungen vorbereitet. Vielleicht ist es ja tatsächlich der erste Schritt in ein neues Leben für Fabiola und ihre Freunde aus dem Freizeitpark.
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