von Thomas Vollmer (Kommentare: 0) in Kategorie » Gran Canaria «
Schrottschiffe sollen zu Touristenattraktionen werden
Es gibt sie in nahezu jedem Hafen auf Gran Canaria. Alte, ausgemusterte Schiffe, die Liegeplätze blockieren. Gleichzeitig sind sie durch den traurigen Anblick auch nicht ansehnlich in der heilen Urlaubswelt. Zwischen schmucken Segelyachten, einladend geschmückten Ausflugsschiffen und malerisch positionierten Fischerbooten werden die korrodierenden Boote zu einem Ärgernis für Hafenverwaltungen und Touristenbehörden.
Damit soll jetzt Schluss sein. Fünf der betroffenen Gemeinden haben nun bei der Autoridad Portuaria de Las Palmas, der zuständigen Behörde auf Gran Canaria, eine Genehmigung beantragt. Sie möchten die verlassenen Schiffe auf den Meeresgrund vor ihrer Küste versenken. Dort sollen sie dann zu einer Attraktion für Taucher und Touristen werden. Darüber hinaus versprechen sich Meeresbiologen dadurch eine Belebung der marinen Fauna und Flora. Fische und Pflanzen könnten in dem ansonsten unnützen Altmetall neue Lebensräume entdecken.
In der Inselhauptstadt Las Palmas, in Agaete und Gáldar, aber auch in Telde und Mogán hat man sich bereits entschlossen, die notwendigen Anträge bei der Hafenbehörde zu stellen.
Verlassene Wracks
In den Häfen Gran Canarias liegen derzeit mehr als 50 Wracks, die von ihren Besitzern keinerlei Aufmerksamkeit mehr erhalten. Etwa 30 dieser bedauerlichen Objekte sind komplett verlassen und rotten vor sich hin. Auf einigen der Schrottschiffe leben aber noch Seeleute, meist aus fernöstlichen Ländern. Sie wurden von verantwortungslosen oder pleitegegangenen Reedern zusammen mit ihren ehemaligen Arbeitsplätzen einfach ihrem Schicksal überlassen. Dabei handelt es sich nicht nur um kleinere Fischerboote. Auch ausgemusterte Frachtschiffe oder sogar, wie im Falle der seit 2009 im Hafen von Las Palmas liegenden und unter panamaischer Flagge registrierten Iballa G, große Öltanker sind hier zu finden. In vielen Fällen haben die vergessenen Seeleute einfach nicht genügend Geld. Sie können nicht in ihre Heimatländer zurückreisen. Von den Reedereien haben sie nicht einmal ihr letztes Gehalt bekommen.
Die Organisation Stelle Maris kümmert sich mit Lebensmitteln, Medikamenten und anderen Sachspenden um die Männer, die auf Gran Canaria in der Falle sitzen. Unterstützt werden die Seeleute auch bei der Bewältigung von bürokratischen Hemmnissen, die einer Rückkehr in ihre Heimatländer im Wege stehen. Aber selbst wenn es die Besatzungen geschafft haben, verbleiben die Schiffe in den Häfen. Dort warten sie auf ihr unvermeidliches Ende und werden zu einem immer größeren Problem. Sie belegen dringend benötigte Liegeplätze, die keiner mehr bezahlt. Die ehemaligen Eigner sind insolvent oder schlicht und einfach nicht greifbar. Mit der Zeit werden die Stahlkolosse dann auch noch zu einem Problem für die Umwelt. Es besteht die Gefahr, dass noch im System befindliche Betriebsflüssigkeiten die umliegenden Gewässer verunreinigen. Deshalb hat die Hafenbehörde eine Spezialfirma beauftragt, die sämtliche Schadstoffe von den Schiffen entsorgt. So können sie eine Umweltkatastrophe verhindern. Natürlich sind auch diese Maßnahmen nicht zum Nulltarif zu bekommen.
Untergegangene Schiffe schaffen neue Lebensräume
Die Versenkung der Schiffe soll dieses Problem nun endgültig lösen. Entsprechend präpariert, von allen umweltgefährdenden Stoffen befreit, könnten die vergessenen Frachter, Trawler und Tanker tatsächlich zu einer Touristenattraktion werden. Gerade für Taucher ist es von besonderem Reiz, untergegangene Wracks bei aufregenden Tauchgängen zu erforschen. Doch nicht nur für Taucher, sondern auch für Touristen, die, wie zum Beispiel in Mogán, in U-Booten die Küste vor Gran Canaria erkunden, ist so ein vermeintliches Schatzschiff ein Höhepunkt auf ihrer Unterwasserexpedition. Und auch die Umweltschützer und Meeresbiologen haben nichts gegen eine Versenkung der Seelenverkäufer einzuwenden, wenn dies unter strengen Auflagen geschieht. Denn aus Erfahrung weiß man, dass die Überreste der Schiffe zu einem Paradies für Fische und anderes Meeresgetier werden können. Unzählige Arten entdecken in den Stahlgerippen neue Lebensräume, die fast wie künstliche Korallenbänke eine breite Artenvielfalt hervorbringen.
Durch diese Form der Altmetallverwertung könnte also aus unerwünschten Ärgernissen eine neue Welt für Mensch und Tier geschaffen werden, die sehr viel schöner ist als das trostlose Bild, das die Schiffe bieten, solange sie über Wasser Auge und Finanzen belasten.
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