von Thomas Vollmer (Kommentare: 0) in Kategorie » Teneriffa «

Wissenschaftliche Sensation oder doch eher phantasievolle Geschichte?

Manche Menschen brauchen sehr viel Aufmerksamkeit. Wenn sie diese nicht in dem gewünschten Maße bekommen, lassen sie sich die tollsten Geschichten einfallen, um sich interessant zu machen. Carmen Dolores González auf Teneriffa muss wohl zu dieser bedauerlichen Gruppe von gestörten Individuen gehören, denn für die phantastische Geschichte, die sie seit einiger Zeit über Facebook verbreitet, hat sie bislang keinerlei Beweise vorgelegt. Und obwohl auch die Polizei ihren Ausführungen so gut wie keinen Glauben schenkt, beobachtet die Guardia Civil die Frau, um eine eventuelle Straftat zu verhindern.

Angeblich 700 Mumien gefunden

700 Mumien der Guanchen will Carmen Dolores González in einer Höhle auf Teneriffa gefunden haben. Dazu zahlreiche Gegenstände, wie etwa 2.731 beschriebene Häute mit unschätzbaren Informationen und 2.100 Tonkrüge aus der Zeit, in der die Ureinwohner der Kanaren begannen, die Inseln zu besiedeln.

Wenn dies zutreffen würde, wäre das eine wissenschaftliche Sensation. Das Problem ist nur, dass Frau Gonzalez sich weigert, den Fundort ihres einmaligen Schatzes preiszugeben, da sie befürchtet, dass man diesen riesigen Guanchen-Friedhof ausgeraubt, wenn sie die Lage der Höhle öffentlich macht. Sicherlich keine unbegründete Sorge, wenn man nur Facebook hat, wo alle Welt mitliest, um mit seiner Umwelt zu kommunizieren. Warum die Dame jedoch nicht einfach zum Telefonhörer oder ihrem Smartphone gegriffen hat, um sich vertrauensvoll an die Polizei oder andere für derartige Funde zuständige Stellen zu wenden, wird wohl genauso ihr unergründliches Geheimnis bleiben, wie die Lage der Höhle.

Um das Interesse wach zu halten und die Spekulationen an ihrem Sensationsfund weiter zu befeuern, hat Frau Gonzalez nun angekündigt, eine Pressekonferenz geben zu wollen, auf der sie ihr Geheimnis lüftet. Wann diese jedoch stattfinden soll, auch darüber hüllt sie sich erst einmal in beredtes Schweigen.

Die Polizei schenkt den Behauptungen der Dame wenig Glauben, da ihre Geschichte einfach zu phantastisch ist und in vielen Punkten an die vor vier Jahren veröffentlichte Novelle „La cueva de las mil momias“ (Die Höhle der tausend Mumien) erinnert. Darin versuchen die vier Autoren Antonio Tejera Gaspar, David Galloway, Daniel García und Juan Francisco Delgado in einer Mischung aus konkreten Forschungsergebnissen und fiktiven Elementen eines Mystery-Romans zu ergründen, wieviel Wahrheit in den Überlieferungen zu dem sagenhaften Friedhof der Guanchen steckt.

Vermeintliche Finderin bleibt unter Beobachtung

Trotz ihrer erheblichen Bedenken werden die Behörden an Frau Gonzalez, die sich in ihrem Facebookprofil als besonders naturliebend und geschichtsinteressiert beschreibt, dranbleiben. Falls sie tatsächlich doch irgendetwas entdeckt haben sollte, wäre nicht auszudenken, was mit diesen wertvollen Zeugnissen einer sagenumwobenen und längst noch nicht vollständig erforschten Zeit geschehen könnte, wenn sie in falsche Hände geraten. Für Wissenschaftler jedoch, die sich mit der Materie beschäftigen, wäre eine solche Entdeckung wie ein Lotteriegewinn, der bekanntlich auch nur äußerst selten eintrifft.

In diesem Zusammenhang weisen die Behörden noch einmal daraufhin, dass jegliche Fundstücke, die einen historisch-wissenschaftlichen Wert haben könnten, den zuständigen Stellen bei der Inselregierung oder der Guardia Civil gemeldet werden müssen. Dies gilt in besonderem Maße natürlich für Mumien oder andere menschliche Überreste. Wer derartiges findet und behält oder versucht, seine Fundstücke zu verkaufen, macht sich strafbar.

Cristóbal de la Rosa, der Rat für Kultur und historisches Erbe bei der Inselregierung von Teneriffa, fordert deshalb die Bürger auf, ihre Funde zu melden, möglichst ohne sie zu berühren. Nur so kann gewährleistet werden, dass wichtige Umstände des Fundes nicht vernichtet werden. Denn nicht nur aus den Fundstücken an sich, sondern auch aus der Auffindesituation können kompetente Wissenschaftler lesen wie in einem geöffneten Buch. Ob sie aus den dann gewonnen Erkenntnissen am Ende, neben ihren wissenschaftlichen Abhandlungen, auch noch einen Mystery-Thriller machen, an dem sich auch Frau Gonzalez wieder erfreuen könnte, ist jedoch recht fraglich.

(Foto: yepyep / flickr.com, Lizenz: CC-BY)

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