von Thomas Vollmer (Kommentare: 0) in Kategorie » Teneriffa «
Sex, Internet und Doppelmoral
Seit nun schon mehr als einer Woche gibt es für die Medien auf Teneriffa ein Thema, das man jeden Tag aufs Neue aufbereitet. Begonnen hat die Geschichte am 27. Juli beim Sunblast Festival in Costa Adeje im Süden der Insel. Inmitten der feiernden Menschenmenge, die ganz offensichtlich nicht nur von den Elektrobeats aus den wummernden Boxen, sondern auch von bewusstseinserweiternden Substanzen aufgeputscht war, fand ein junges Paar, dass dies ein guter Ort sei, um sich menschlich etwas näher zu kommen und dass Sex im Rhythmus der Musik eine prima Sache sein müsste. Da man sich bei der vorherrschenden Lautstärke eh nicht besonders gut unterhalten konnte, ging es dann auch gleich zur Sache.
Gerade geschehen, schon bei Facebook zu sehen
Dumm nur, dass im Zeitalter von Smartphones und Handykameras so ziemlich alles gefilmt oder fotografiert wird, was irgendwem gerade vor die Linse kommt. So kam es, wie es kommen musste.
Der Akt von Adeje hat es zum Renner auf Youtube und in den Sozialen Netzwerken geschafft, wo man nicht nur ein Filmchen mit den eindeutigen Szenen, sondern auch zahlreiche Fotos, besonders der beteiligten jungen Dame, fröhlich geteilt und geliket hat. In kürzester Zeit haben sich 300.000 Besucher den Film angeschaut, den Youtube mittlerweile aber gelöscht hat. Über Whatsapp jedoch werden immer noch Bilder und Filme des öffentlichen Liebesspieles verschickt und weitergeleitet.
Doch damit nicht genug. Als das Thema dann in den lokalen Zeitungen aufgegriffen wurde, gab es kein Halten mehr. Sogar in nationalen Fernsehsendungen hat man über das liebestolle Paar berichtet, das inmitten tausender Besucher intim geworden war. Seit dem Geschehen vor eineinhalb Wochen ist kein Tag vergangen, an dem man nicht irgendwo das Thema Sexvideo vom Sunblast Festival behandelt hat.
Doppelmoral und miese Machosprüche
Auf der einen Seite waren es bigotte Moralapostel, die den Untergang des christlichen Abendlandes predigten und auf der anderen Seite zu kurz gekommene Machos, die mit widerlichen Sprüchen und entlarvenden Kommentaren in den Sozialen Netzwerken das Geschehen begleiteten. Da ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass zwar zahlreiche Bilder der jungen Frau kursieren, über die man trefflich lästern kann, ein Bild des beteiligten Herrn jedoch kaum irgendwo zu finden ist. Mittlerweile sah sich das Mädchen, das kurz vor ihrem nun gar nicht mehr so vergnüglichen Erlebnis noch begeisterte Kommentare und Bilder vom Sunblast Festival gepostet hatte, gezwungen, ihren Facebook-Account zu schließen. Während man sie als leichtes Mädchen betrachtet, steht er nun bei den Machos dieser Welt als erfolgreicher Jäger da, der seine Beute gleich vor Ort zur Strecke bringt. Es ist diese Doppelmoral, die kaum auszuhalten ist und im 21. Jahrhundert nichts mehr zu suchen hat.
Richtiger Umgang mit dem Internet muss gelernt sein
Die Geschichte zeigt aber auch einmal mehr, dass heute kaum eine egal wie peinliche Situation nicht entdeckt und veröffentlicht wird. Was dies am Ende für die Betroffenen bedeutet, wird denen, die derartige Dinge im Internet posten, ohne groß nachzudenken oder gar die Abgelichteten zu informieren, oftmals erst dann bewusst, wenn der Shitstorm losgetreten worden ist. Selbst wenn dieser gar nicht beabsichtigt war, besteht immer die Gefahr, dass die Dinge aus dem Ruder laufen und nicht mehr zu kontrollieren sind. Die Folgen für die Opfer dieser Postingsucht sind nicht selten fatal.
Es wäre schade, wenn man in Zukunft nicht mehr unbeschwert feiern könnte, nur weil man damit rechnen muss, im nächsten Moment in einer vielleicht peinlichen Situation abgelichtet und dann der lauernden Meute bei Facebook und andern Plattformen zum Fraß vorgeworfen zu werden. Im Umgang mit dem Internet, seinen Möglichkeiten und Gefahren gibt es noch viel zu lernen. Dazu gehört aber eben auch zu erkennen, dass es keine besonders gute Idee ist, inmitten einer riesigen Menschenmenge Sex zu haben.
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