von Thomas Vollmer (Kommentare: 0) in Kategorie » Teneriffa «

Politisch unkorrektes Kompliment

José Luis García Martínez, Präsident der Cámara de Comercio, Industria y Navegación von Santa Cruz de Tenerife, hat in der vergangenen Woche in Madrid bei einer Versammlung von Unternehmern und politischen Entscheidungsträgern wenig Fingerspitzengefühl bei der Wahl seiner Worte gezeigt. Neben der Schönheit der Natur, den tollen Stränden, dem hervorragenden gastronomischen Angebot und der Gastfreundlichkeit der Bevölkerung pries er auch ganz besonders die Schönheit der kanarischen Frauen als Grund dafür, auf den Inseln zu investieren.

Alles nur ein Missverständnis

Dieser Fauxpas flog ihm jedoch schon bald um die Ohren. Nachdem seine unglückliche Wortwahl auf Teneriffa bekannt wurde, erfolgte die in solchen Fällen als opportun erscheinende öffentliche Empörung. Eiligst bekräftigte der Handelskammerpräsident, dass er das Ganze natürlich nicht so gemeint habe und es ihm fernliege, die Schönheit der kanarischen Frauen als wirtschaftlichen Standortvorteil zu betrachten. Wie er es nun genau gemeint hat, wurde jedoch nicht ganz klar. Er entschuldigte sich eifrig für das Missverständnis und gelobte Besserung.

Ob sich in seinen Worten nun ein latenter Sexismus Bahn gebrochen hat oder ob er sich einfach nur unglücklich ausgedrückt hat, können wahrscheinlich nur die beurteilen, die ihn und sein Denken genauer kennen. Natürlich ist es ziemlich daneben, die äußere Erscheinung der Frauen als Wirtschaftsfaktor zu bezeichnen. Doch ob man daraus gleich einen Skandal machen muss, ist ebenso fragwürdig wie die Aussage an sich.

Vielleicht sollten die Frauen auf den Kanaren die Machodiktion einfach zu ihren Gunsten interpretieren und sich über ein schönes Kompliment freuen, den sexistischen Unterton überhören und sich daran machen, sowohl unbelehrbare Männer wie auch ihre Geschlechtsgenossinnen mit ihren intellektuellen und fachlichen Qualitäten zu überzeugen.

Es ist wahrscheinlich ein recht hoffnungsloses Unterfangen, die Machokultur kurzfristig aus der spanischen Gesellschaft zu eliminieren. Was nutzt es, wenn sich jemand öffentlich reumütig über seine dumme Wortwahl zeigt, um seine Karriere nicht zu gefährden, aber an seiner inneren Einstellung keine Veränderung vornimmt.

Bei den Kleinsten anfangen

Sicher gibt es heute immer noch Männer, die Frauen als Ware und ihre Schönheit als Standortvorteil betrachten, und dieses abstruse Denken ist wahrscheinlich so schnell nicht aus deren Köpfen zu bekommen. Dies ist ein langfristiges Projekt, bei dem auch wieder den Frauen besondere Bedeutung zukommt.

Der Schlüssel liegt in der Erziehung der kleinen Nachwuchsmachos. Denn was Juanito nicht lernt, lernt Don Juan nimmer mehr. Und da auch im 21. Jahrhundert sich Väter noch zu oft aus der Erziehung der Kinder heraushalten, bleibt es nicht selten den Müttern überlassen, den Kindern und – wenn erforderlich – auch gleich ihren Männern ein zeitgemäßes Frauenbild zu vermitteln. Für die Bewältigung dieser wichtigen Aufgabe darf es dann auch mal ein ernst gemeintes Kompliment geben.

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