von Thomas Vollmer (Kommentare: 0) in Kategorie » Teneriffa «

Linsen für die Jungfrau

Es ist eines der größten religiösen Feste auf den Kanarischen Inseln. Während der Feierlichkeiten, die mehrere Tage dauern, kommen um die 200.000 Pilger. Einer der wichtigsten Höhepunkte der Veranstaltungen ist eine Prozession. Man bringt der Virgen de la Candelaria, der Schutzheiligen der Kanarischen Inseln, auf traditionelle Art und Weise Blumen. So entsteht vor der Basilika des wohl bekanntesten Wallfahrtsortes der Kanaren jedes Jahr am 14. August ein buntes Meer aus Blumen, das naturgemäß jedoch nur eine begrenzte Haltbarkeit hat.

Linsen und Bohnen statt Pracht und Blumen

In diesem Jahr wird die beliebte Pilgerfahrt jedoch etwas anders aussehen. Ganz im Sinne des neuen Papstes Franziskus, der sich wieder mehr auf die ursprünglichen Gedanken des christlichen Glaubens fokussiert. Die Sorge um die Armen und Benachteiligten sowie die Nächstenliebe stehen im Mittelpunkt des Interesses. Nun haben sich auch die Verantwortlichen auf Teneriffa dazu entschlossen, in diesem Jahr die Gläubigen dazu aufzurufen, statt Blumen für die Jungfrau, Linsen und Bohnen für die Armen mitzubringen. Weniger in Pracht und Prunk, sondern in Solidarität mit den Bedürftigen soll sich die Verehrung der Virgen diesmal ausdrücken.

Im fünften Jahr der Krise gibt es immer mehr Menschen, die sich kaum noch das Nötigste leisten können. Da sollte es nach Auffassung von Jesús Mendoza, dem Rektor der Basílica de Nuestra Señora de Candelaria, eine Selbstverständlichkeit für die Gläubigen sein, da zu helfen, wo die Not am größten ist. Nicht schnell vergängliche Pracht, sondern tätige Nächstenliebe soll in diesem Jahr das Fest der Jungfrau bestimmen.

Natürlich wird die Prozession auch diesmal nicht nur von grauen Linsen und schwarzen Bohnen bestimmt sein, sondern ebenso von bunten Blumen. Aber das Übermaß der vergänglichen Pracht soll beschränkt sein. Die Lebensmittelspenden der Gläubigen werden an dem großen Tag der traditionellen Prozession ab 16.00 Uhr eingesammelt und später durch die Caritas und die Lebensmittelbank an die Bedürftigen verteilt. Mendoza weiß, dass mit dieser Aktion die grundlegenden Probleme nicht verschwinden. Er sieht darin jedoch ein wichtiges Zeichen für ein verantwortungsvolles Miteinander in einer Gesellschaft, die immer weiter auseinander zu driften droht.

Weltliche Vertreter der Gemeinde unterstützen die Aktion

Unterstützt wird der Geistliche bei seiner Arbeit auch durch die weltlichen Mächte der Stadt. Der Bürgermeister und der Stadtrat stehen voll hinter den Plänen der religiösen Führer. Das Fest hat nämlich nicht nur für die Kirche eine große Bedeutung, sondern auch für die Wirtschaft der Gemeinde. Hunderttausende von Besuchern sind ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor, der Geld in die Kassen der Lokale, Hotels und Geschäfte spült. Es ist eben auch ein Akt der Nächstenliebe, wenn durch das Fest der Jungfrau Arbeitsplätze in der heimischen Tourismusindustrie entstehen, auch wenn es nur für ein paar Tage ist. Vielleicht steckt man ja auch die dadurch erzielten höheren Steuereinnahmen in soziale Projekte. Im Sinne der Jungfrau und des neuen Papstes wäre es allemal.

Legende mit langer Geschichte

Schon seit Jahrhunderten verehren die Bürger das Abbild der Jungfrau Maria. Der Legende nach soll die Statue der Schutzheiligen bereits 100 Jahre vor der Besetzung der Inseln durch die Spanier von zwei Guanchen am Strand gefunden worden sein. Seitdem wurde die Figur in einer kleinen Kapelle aufbewahrt, die jedoch 1826 bei einer Sturmflut zerstört wurde. Vier Jahre später, im Jahre 1830, wurde die heutige Madonna nach einem älteren Vorbild geschaffen. Als wichtigster Wallfahrtsort der Kanarischen Inseln ist Candelaria mit seiner Basilika heute nicht nur ein Zentrum des katholischen Glaubens auf den Kanaren, sondern auch ein beliebtes Ziel von Touristen, die den Ort bei Inselrundfahrten nur selten auslassen.

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