von Thomas Vollmer (Kommentare: 0) in Kategorie » Teneriffa «

Immer mehr „Botellóns“ bringen Bürger in Rage

Sie haben viel Zeit und keine Lust zu Hause herumzusitzen. Dort müssen sie sich anstrengenden Diskussionen mit ihren Eltern stellen. Diese haben jedoch auch keine Alternative anzubieten. So treffen sie sich auf den Straßen und Plätzen mit ihren Freunden. Fast alle haben ähnliche Probleme. Schnell ist die Gruppe beisammen und kauft Alkohol für einen „Botellón“. Solche Feiern in der Öffentlichkeit gab es schon immer. Verboten sind sie nun schon seit einigen Jahren, nachdem das Problem immer präsenter wurde. Und seitdem über 50 % der Jugendlichen im Land ohne Job oder Ausbildungsplatz sind, haben die Anzeigen wegen Belästigung drastisch zugenommen.

Laute Musik und pöbelnde Betrunkene

Denn mit dem Alkohol kommen dann auch die Probleme. Laute Musik, öffentliches Urinieren und andere unangenehme Begleiterscheinungen. Dieses Verhalten bringt die Bewohner der betroffenen Plätze und Straßen dazu, nach der Ordnungsmacht zu rufen. Bei betrunkenen Touristen, die nicht selten ebenfalls für unschöne Szenen sorgen, wird dies gerade noch akzeptiert. Schließlich ist man auf ihr Geld angewiesen. Bei den eigenen Kindern können die Eltern nicht darüber hinwegsehen.

In Teneriffas Hauptstadt Santa Cruz vergeht fast kein Tag, an dem die Polizei nicht irgendwo in der Stadt einschreiten muss. Nachbarn und Geschäftsleute rufen sie, um dem ungesetzlichen Treiben ein Ende zu machen. Mehr als 300 Kontrollen haben die Ordnungshüter im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit den öffentlichen Besäufnissen in Santa Cruz durchgeführt. Allerdings scheint ihr Kampf, wie der des Don Quichote gegen Windmühlen, nahezu aussichtslos. Ist die Feier an einer Straßenecke aufgelöst, zieht die Gruppe weiter. Dasselbe Spiel wird dann an einem anderen Platz fortgesetzt.

Auf dem Parkplatz des Parque Marítimo, der Plaza Weyler oder am Strand von Teresitas sind die trinkenden Halbwüchsigen längst keine Ausnahmeerscheinung mehr. Auch die Nachbarn in der Calle Afilarmónica Ni Fú Ni Fá werden immer wieder durch grölende Jugendliche in ihrer Ruhe gestört. Und die Ladenbesitzer in den Botellónzonen sind ebenfalls alles andere als glücklich über die ungebetenen Gäste vor ihren Geschäften. Viele Kunden fühlen sich durch die trinkenden Jugendlichen bedroht. Sie suchen lieber andere Möglichkeiten, um ihre Einkäufe zu erledigen.

Alcosensor soll Beweise liefern

In der Öffentlichkeit ist nur der Konsum von alkoholischen, nicht aber von alkoholfreien Getränken verboten. Deshalb behaupten die jungen Trinker, wenn sie von der Polizei angesprochen werden meistens, dass sie lediglich harmlose Softdrinks konsumieren. Um diese Behauptung zu entkräften, sind die Beamten jetzt mit einem Alcosensor ausgerüstet worden. Er wird in das Getränk eingetaucht, um den Alkoholgehalt einer Flüssigkeit zu überprüfen. Wenn sie dann feststellen, dass es sich bei dem fraglichen Getränk keineswegs um Wasser oder Limonade handelt, folgt unweigerlich der Strafzettel. 200 Euro Bußgeld machen die kleine Party dann zu einer recht kostspieligen Angelegenheit.

In Santa Cruz hat es im ersten Halbjahr 2013 bereits 171 Anzeigen von Bürgern gegeben, die sich durch die Besäufnisse auf offener Straße belästigt fühlten. In 90 Fällen konnten die Polizisten nicht anders als durch die Ausstellung eines Strafzettels die Jugendlichen davon zu überzeugen, ihre Party zu beenden.

Gelöst ist das Problem dadurch aber noch lange nicht. Ohne Arbeit und Perspektive oder Orte, an denen sie sich ungestört versammeln können, wird das Thema auch in Zukunft immer wieder den Konflikt zwischen den Generationen schüren. Dass mittlerweile dabei schon von einer verlorenen Generation gesprochen wird, ist auch nicht wirklich hilfreich. Wenn man die Jugendlichen jetzt aufgibt, werden die Botellóns bald nur noch ein recht unbedeutendes Detail eines viel größeren Problems sein.

Foto von orianomada – flickr

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