von Leonie Reuter (Kommentare: 2) in Kategorie » Teneriffa «
Dunkle Tunnel, Steilklippen und atemberaubende Ausblicke
Über die Wassergewinnung auf Teneriffa in den sogenannten Galerias, einem großen Stollensystem, das sich über die gesamte Insel zieht, habe ich bereits in meinem letzten Artikel berichtet. Die Galerias, die waagerecht in die Berge getriebenen Stollen, die ursprünglich ausschließlich für die Wassergewinnung gedacht waren. Werden heutzutage gerne und zunehmend von Wanderern frequentiert. Da es jedoch in den Tunneln in den letzten Jahren auch immer häufiger zu Unfällen kam, weil sich Wanderer in den Tunnelsystemen verirrten, in Stollen mit giftigen Gasen gerieten oder sich andere bergwerktypische Gefahren realisierten, wurden einzelne Tunnel mit gesicherten Toren verschlossen, so dass ein Eindringen in viele der dunklen Berggänge nicht mehr länger möglich ist.
Doch nicht alle Tunnel sind verschlossen und einige von ihnen sind weiterhin begehbar. Dennoch ist größte Vorsicht geraten. Der Wanderer, der sich mit der Absicht trägt, einen Tunnel zu durchqueren. Sollte sich vorher sehr gut informieren, ob die Durchquerung erlaubt und ungefährlich ist.
Bei der hier beschriebenen Route, die noch bis vor einem Jahr im renommierten Rother Wanderführer abgedruckt war. Sind zwei Tunnel zu durchqueren. Beide sind ein wenig über einen Kilometer lang und weisen keinerlei Seitengänge auf. Da beide Tunnel gut durchlüftet sind und ein Verlaufen wegen der jeweils „eingleisigen Röhre“ unmöglich ist. Ist auf den ersten Blick bei beiden Tunneln keine Gefahr erkennbar. Das könnte auch der Grund sein, dass beide Tunnel weiterhin von beiden Seiten geöffnet sind. Und täglich von Wanderern frequentiert werden.
Durch die Nutzung der Tunnel ermöglicht diese Wandertour eine Art Shortcut zwischen dem Barranco de Santiago und dem Barranco Seco. Im Laufe nur einer einzigen Tour durchquert der Wanderer zwei stockfinstere Tunnel. Genießt atemberaubende Ausblicke in den Barranco Seco und wandelt hoch oben in der gigantischen Steilküste über Los Gigantes. Allerdings war der letzte Teil des Weges im Winter 2012/2013 gesperrt bzw. nur auf eigene Gefahr begehbar. Das sieht der Wanderer jedoch erst am Ende der Tour, wenn er in Los Gigantes auf den abgesperrten Weg trifft. Ob der Weg zukünftig auch offiziell wieder begehbar sein wird, bleibt abzuwarten.
Von Puerto de Santiago oder Los Gigantes gibt es mehrere Möglichkeiten, in Richtung Tamaimo (ca. 500 Höhenmeter) und Santiago del Teide (ca. 980 Höhenmeter) zu wandern. Die hier beschriebene Rundwanderung ist ein mehr als anspruchsvoller Rundweg. Der wirklich nur von absolut trittsicheren und schwindelfreien Wanderern angegangen werden sollte.
Am Anfang startet die Tour sehr gemächlich. Es geht von Puerto de Santiago oder Los Gigantes zunächst immer aufwärts an der Hauptstraße TF 454. Richtung dem kleinen Ort Tamaimo entlang. Vom Straßenmirador genießen wir einen wunderbaren Ausblick über die Häuser von Puerto de Santiago. In Richtung La Gomera und auf die Felsen von Los Gigantes. Ungefähr 30 Meter vor der Einmündung dieser Straße in die Straße nach Tamaimo, halten wir uns links auf einer kleinen Straße, die recht steil zwischen einzelnen Fincas und Bananenplantagen ansteigt.
Hier beginnt der Wanderweg nach Santiago del Teide und wir folgen zunächst dem gelb weiß markierten Weg (TF 65) bergauf, der nach einiger Zeit von der Straße in eine Schotterpiste und dann in einen Schotterweg übergeht. Zwischen den Bananenplantagen und den vielen Obstbäumen lässt es sich anfangs recht leicht bergauf gehen. Teilweise spenden die Bäume wohltuenden Schatten. Der Weg ist gut markiert und nicht zu verfehlen.
Dann führt der sich verjüngende Pfad an einem Wasserreservoir vorbei, an dem wir eine kleine Mauer mit einer abgedeckten Wasserrinne überqueren. Auch an dieser Stelle ist der Weg gut durch Zeichen markiert. Wir folgen dem Pfad bergan. Nun gewinnen wir stetig an Höhe und kommen nach 30 bis 40 Minuten an zwei weißen Baracken vorbei, die auf der linken Seite des Weges auf ungefähr 400 Höhenmetern stehen. Genau zwischen diesen beiden Baracken befindet sich der erste Tunneleingang und das Tunnelabenteuer kann beginnen.
Der Tunnel weist eine Länge von ungefähr 1,2 Kilometer auf. Bereits nach einigen Metern in dem dunklen Gang ist es sehr dunkel, so dass eine Taschenlampe unbedingt benötigt wird. Komfortabler, da besser ausgeleuchtet, lässt sich der Tunnel mit einer Stirnlampe begehen. Die Durchquerung dauert ungefähr 20 Minuten. Am Boden sehen wir alte Gleise, die für Loren verlegt worden sind. Mit diesen Loren wurden in der Vergangenheit der Schutt und das Felsmaterial, das beim Bau der Galerias entstand, aus dem Tunnel gebracht. In dem niedrigen Gang sollte gut darauf geachtet werden, dass der Kopf nicht an die Felsen stößt, damit es zu keinen Verletzungen kommt. Wer ganz sicher gehen will, sollte einen Helm – und sei es nur ein Fahrradhelm – nutzen.
Der Tunnel senkt sich stetig und nach ungefähr der Hälfte des Weges ein wenig mehr ab. Nachdem wir Zweidrittel des Weges im dunklen Tunnel hinter uns gelassen haben, hören die Gleise plötzlich auf. Ab sofort lässt es sich ein wenig einfacher auf dem glatten Fels- und Erdboden durch die Dunkelheit gehen.
Durch die Absenkung des Tunnels könnte man annehmen, dass es in diesem dunklen Gang immer weiter in den Berg hinein geht. Um den Gruseleffekt noch ein wenig zu verstärken, hatte im letzten Jahr ein Scherzbold einen Gummihandschuh über einen Stock gezogen und diesen an der Tunneldecke befestigt. Der nichtsahnende Wanderer wurde daher plötzlich in der Tunnelmitte von einer „Geisterhand“ gestreift.
Doch es gibt im Tunnel keine Geister und der Weg in der Dunkelheit führt auch nicht in einer Sackgasse in den dunklen Berg, sondern auf direktem Weg auf die andere Seite – quer durch den Berg vom Barranco de Santiago in den Barranco Seco.
Erst relativ spät, wenn es aus der Tunnelsenke wieder bergauf geht, erblicken wir einen kleinen Punkt Tageslicht am Ende des Tunnels. Ein wunderschönes Gefühl, wenn es danach mit jedem Schritt ein wenig heller im dunklen Tunnel wird. Und noch beeindruckender ist es, wenn wir dann tatsächlich wieder an das Tageslicht treten. Wir befinden uns auf einer kleinen Aussichtsplattform über dem Barranco Seco und schauen gegenüber auf das gewaltige Massiv des Risco Blanco. Hier bietet sich eine kleine Rast nach der ersten Tunneldurchquerung an, bevor es weiter bergab Richtung Barrancogrund geht.
Doch bevor wir unsere Wanderung fortsetzen können, gilt es den weiteren Weg zu finden, der sich nicht auf den ersten Blick finden lässt. Wer nicht auf dieser Tour bereits die Dunkelheit des Tunnels als ein wenig beängstigend empfunden hat. Wird sich an dieser Stelle mit der ersten kleinen Schwierigkeit der Tour konfrontiert sehen. Doch dann, bei genauem Hinsehen, lässt sich links am Hang ein kleiner undeutlicher Pfad ausmachen. Auf diesem kleinen Pfad unmittelbar am Abhang geht es ungefähr 50 Meter bergab in Richtung des Barrancogrundes. Orientierungshilfe sind allein die Steinmännchen, die hier tatsächlich mitten in der gefühlten absoluten Wildnes ab und zu anzutreffen sind. Da die Richtung, nämlich westlich und herunter, vorgegeben ist, gibt es einige Möglichkeiten sich Richtung Hauptweg zum Barrancogrund vorzuarbeiten.
Wenn dieser etwas unwegsame Streckenabschnitt überwunden ist, treffen wir auf einen Wanderweg, der von El Modello an den Strand des Barranco Seco herunterführt. Das ist der offizielle Wanderweg in den Barranco Seco hinunter, der sich hier kurz vor dem Grund des Barrancos in weiten Serpentinen abwärts schlängelt. Nun befinden wir uns oberhalb eines Wasserkanals und der Galeria de la Junquera. Wer Wasser zur Abkühlung oder für seinen Hund benötigt, kann sich hier fast rund um das Jahr bedienen. Im Sommer ist im Barrancogrund manchmal nur ein kleines Rinnsal anzutreffen, während es im Winter auch schon mal leichte Schwierigkeiten wegen des strömenden Wassers bei der Überquerung des Barrancos geben kann.
Wir folgen dem Wanderweg, der an den alten Ruinen, die auf der rechten Barrancoseite liegen, vorbei bergabwärts führt. Dabei wechseln wir quer durch das Bachbett von der linken auf die rechte Talseite und nach einiger Zeit wieder auf die linke Seite zurück. Obwohl der Barranco Seco trockene Schlucht heißt, gibt es durchaus Zeiten, in denen der Bachlauf mehr als genügend Wasser führt und die Schlucht grün ist.
Nachdem wir ca. 20 bis 30 Minuten auf dem Schluchtpfad bergab gewandert sind, treffen wir auf der linken Seite auf einen abgedeckten Wasserkanal, dem wir nach links an den Barrancorand folgen. Der Hauptpfad geht weiter zum Strand des Barrancos rechts herunter. Wir halten uns an der Felswand und erreichen nach kurzer Zeit den zweiten Tunnel, der uns wieder aus dem Barranco Seco unter dem Berg hindurch in Richtung Los Gigantes bringen soll.
Im Gegensatz zum ersten Tunnel sehen wir dieses Mal von Anfang an das Licht am Ende des Tunnels, was die Durchquerung weitaus angenehmer macht, als die des ersten Tunnels. Auch hier ist eine Taschenlampe erforderlich, aber es befinden sich keine alten Schienen auf dem Boden und auf der linken Seite läuft plätschernd der Wasserkanal neben uns her. Nach knapp einer Viertelstunde haben wir auch diese Durchquerung geschafft und befinden uns ungefähr 200 Meter über dem Atlantik an der Steilwand des Acantilado de los Gigantes.
Hier soll nicht verschwiegen werden, dass auf dieser Seite des Tunnels ein Verbotsschild mit dem Hinweis angebracht ist, dass die Durchquerung des Tunnels verboten sei. Allerdings nur auf dieser Seite und die Tür ist immer offen. Der weitaus dunklere erst beschriebene Tunnel ist hingegen ohne Türen und Verbotsschilder frei begehbar. Und auch auf der Seite des Barranco Seco sind keine Verbotsschilder angebracht für den zweiten Tunnel angebracht. Nach dem Hinweis auf dieser Seite, den man allerdings erst nach Durchquerung entdecken kann, müsste auch der Rückweg zurück durch den ersten Tunnel gewählt werden.
Ab jetzt beginnt der weitaus anspruchsvollste Teil dieser Wanderung. Als ich das erste Mal auf dieser Seite aus dem Tunnel trat, war ich von der großartigen Aussicht, die sich hier oben aus den Felsen über die gesamte Steilküste und den Atlantik bietet, vollkommen überwältigt. Dann dann erschrak ich, als ich nach dem weiteren Weg Ausschau hielt. Ich konnte zunächst einfach keinen Weg entdecken. Doch auch an diesem zweiten Tunnelausgang half genaueres Hinsehen.
Der Weg zurück von hier nach Los Gigantes ist durch Steinmännchen gekennzeichnet. Es geht zunächst unmittelbar abwärts auf die rechte Talseite, wo wir eine Felsnase überqueren. Danach geht es weiter abwärts. Der Verlauf des Weges lässt sich häufig nur durch die Steinmännchen ermitteln und ist besonders am Anfang ein wenig schwierig zu erkennen. Es geht durch die Rinne des Barrancos auf die andere Teilseite. Von dort verläuft die Route auf einem sehr schmalen Weg, der häufig ausgewaschen und von Felsen und Steinen verschüttet ist, direkt am Steilhang entlang.
Ab hier ist der Weg, der bis Los Gigantes am Steilhang entlang führt, nicht mehr zu verfehlen. Allerdings führt dieser Abschnitt direkt an den Klippen über den Steilfelsen entlang. Der Weg ist häufig ausgewaschen und ausgesetzt, so dass absolute Schwindelfreiheit und Trittsicherheit gefragt ist. Ab und zu geht es leicht aufwärts, zumeist jedoch abwärts im Steilhang Richtung Los Gigantes. Die ganze Zeit über bieten sich uns großartige Ausblicke auf La Gomera, den Atlantik, die Steilwände, Los Gigantes und ein wenig später auch auf die Punta de Teno, den westlichen Aussichtspunkt von Teneriffa. Wenn dieser Streckenabschnitt nach Regenfällen überquert wird, ist zudem mit einzelnen kleinen Wasserfällen, die heftig über den Weg fließen können, zu rechnen. Hier ist allergrößte Vorsicht geboten, um nicht ins Rutschen zu geraten.
Je nach Wetterlage und Kondition bewältigen wir diesen schweren Streckenabschnitt in ungefähr einer Stunde. Danach treffen wir ganz plötzlich auf einen breiten Fahrweg, der bereits nach ca. 100 Metern am Ende der Calle Tabaiba in Los Gigantes endet. Und mit einem Schlag sind wir von unserem Tunnelausflug und dem Höhengang zurück auf einem normalen Fussweg inmitten der Zivilisation.
Informationen:
Höhenunterschied: 400 Meter von Puerto de Santiago/Los Gigantes über Tamaimo und zurück
Anforderung: äußerst schwer, da zwei lange dunkle Tunnel zu durchqueren sind und sowohl der erste Streckenabschnitt im Barranco Seco als auch der letzte Streckenabschnitt unbedingte Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erfordern. Die Strecke sollte nur von erfahrenen Wanderern begangen werden.
Startpunkt: Los Gigantes/Puerto de Santiago
Zeit: reine Wanderzeit bis Los Gigantes/Puerto Santiago (Rundweg) ca. 5 Stunden, jeder Tunnel ca. 15 bis 20 Minuten
Hinweis: Im November 2012 war der letzte Streckenabschnitt durch die Gemeinde Santiago del Teide aus Sicherheitsgründen gesperrt. Daher ist vor dieser Tour auf jeden Fall vorher eine aktuelle Information bei den örtlichen Touristen Information oder der Gemeinde Santiago del Teide einzuholen, ob der Streckenabschnitt und der zweite Tunnel wieder passierbar sind.
Kommentare
Kommentar von Toni Mark |
Sie weisen zwar darauf hin, dass die Tour äußerst schwer ist, aber aus meiner Sicht genügt dies nicht. Wir sind diese Tour schon mehrfach gegangen, sie ist auch sehr reizvoll – eben ganz anders als Tiroler Alpen – , aber bei unserer letzten Begehung (Mai 2013) sind wir aus dem ersten Tunnel mit starken Kopfschmerzen im Barranco angekommen. Wir waren wie benebelt und hatten Atembeschwerden. Ich vermute, es sind Gase im Tunnel ausgetreten oder haben sich dort gesammelt. An diesem Tag ging kein Luftzug durch den Tunnel. Im aus dem Tal führenden Tunnel (der mit der hohen Luftfeuchtigkeit 😉 waren mehrere kleine Abbrüche/Einstürze, auch hier ist Vorsicht geboten (nicht nur Stolpergefahr, falls keine Lampe mit dabei). Und an der Steilküste genügt eine Unachtsamkeit, ein Fehltritt und man geht über den Hang ohne Halt ein paar hundert Meter abwärts. Auch Ziegen treten gern oberhalb wohl zur Revierverteidigung gerne Steine los, die dann kindkopfsgroß an einem vorbeifliegen. Ich rate von der Tunnelbegehung ab. Auch die Steilküstenstrecke sollte man nur bei hinreichendem Hinterbliebenenschutz machen.
Eine Rettung aus der Steilküste oder der Schlucht mit dem Heli ist ein teures Vergnügen – sollte jeder Bedenken und die Alpenvereinsmitgliedschaft hilft da auch nicht weiter.
Kommentar von Leonie |
Da ich einige Zeit im Ausland war, habe ich Ihren Kommentar leider erst jetzt gesehen. Es ist absolut richtig, dass Sie auf die Gefahr hinweisen. Ich habe in dem Artikel ja auch darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Weg offiziell gesperrt ist. Daran hat sich bislang nichts geändert. Das sieht man leider erst, wenn man den zweiten Tunnel passiert hat.
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