von Leonie Reuter (Kommentare: 0) in Kategorie » Teneriffa «

Anspruchsvolle Wanderung durch den Barranco Seco

Die Wanderung in den Barranco Seco ist ein einmaliges Naturerlebnis und zugleich eine Begegnung mit der absoluten Einsamkeit. Auch wenn der Barranco in unmittelbarer Nähe des bewohnten Barrancos Santiago und von Orten wie Tamaimo, Santiago del Teide und El Modello lieg. Er ist selber so gut wie kaum bewandert. Wer in den Barranco hinunter geht, darf sich tatsächlich einen Wandertag lang aus der Zivilisation verabschieden. Der Wanderer, der diese Tour machen möchte, sollte sich auch darüber im Klaren sein. Dass es sich um eine äußerst anstrengende Tour handelt, für die eine gute Kondition erforderlich ist. Es gibt unterwegs keinen Kiosk und im Zweifel überhaupt keine Menschenseele zu sehen. So dass auf jeden Fall neben ausreichend Proviant sehr viel Wasser im Gepäck mitgebracht werden muss.

Die anspruchsvolle Wanderung durch den Barranco Seco will gut vorbereitet sein

Doch wer sich auf diese anstrengende Wanderung begibt, die uns von fast 1000 Höhenmetern zum Meer herunter und wieder zurückführt, wird es mit Sicherheit nicht bereuen.
Die Wandertour beginnt in dem idyllischen Dorf El Modello (880 Meter). Das zwischen dem El Retamar und Santiago del Teide liegt. Einige werden den Ort bereits durch die Risco Blanco Tour kennen, die hier ebenfalls startet. In El Modello starten wir gegenüber der kleinen Kirche, die in dem winzigen Ort nicht zu übersehen ist. In El Modello finden wir ausreichend Parkmöglichkeiten, können aber auch mit dem Bus hierher anreisen. Wir folgen der Straße geradeaus (Calle La Calzada) bis wir am Ende des Dorfes hinter dem letzten Haus durch einen kleinen Weg in den Barranco Santiago gelangen.

Im Barranco

Unmittelbar hinter dem Dorf im Barranco treffen wir auf den Wanderweg TF 65, der von Tamaimo nach Santiago del Teide führt. Wir gehen nur eine kurze Strecke den Weg hinauf, bis wir an eine Weggabelung kommen. Rechts geht es nun nach Santiago del Teide weiter. Wir gehen geradeaus und halten uns bereits nach wenigen Metern links talabwärts, während rechts ein weiterer Weg mit der Nummer TF 65.1 zum Risco Blanco hinaufführt. Wir bleiben auf den leicht abwärts durch den Hang verlaufenden Weg, auf dem wir nach kurzer Zeit an einer verlassenen Ziegenfarm vorbeikommen.

Blick vom Pass auf die Küste

Blick vom Pass auf die Küste

Kurz nach den verlassenen Gebäuden geht es mehr und mehr im Hang hoch in Richtung Pass, den wir auf einer Höhe von ungefähr 825 Metern überschreiten. Nun ist der Blick vor uns in den Barranco Seco frei. Wir wandern auf der rechten Kammseite entlang und passieren nach kurzer Zeit noch einmal eine Kreuzung, an der ein Weg hinunter nach Tamaimo führt. Von hier haben wir eine wunderbare Aussicht auf La Gomera und den weißen Vulkanfelsen Risco Blanco, der auf unserer rechten Seite liegt.

Der Abstieg beginnt

Nun beginnen wir einen langen steilen in Serpentinen verlaufenden Abstieg, der uns über 400 Höhenmeter hinunter bis auf den Boden des Barrancos Seco führt. Nach ca. 10 Minuten stoßen wir ein weiteres Mal auf eine kleine Weggabelung. Hier kommt ein letzter Weg von der Höhe, der zugleich nach

Galeria, die zur Wassergewinnung angelegt wurde

Galeria, die zur Wassergewinnung angelegt wurde

Tamaimo zurückführt. Wir halten uns jedoch weiter auf den Serpentinen abwärts, überqueren eine breite weiß graue Kalkrinne und sehen bald am Grund des Barrancos alte Ruinen und Wasserkanäle. Nach Regenfällen ist der Barranco gut mit Wasser gefüllt und gar nicht trocken, wie sein Name Seco eigentlich vermuten lässt. Dennoch sollte man sich auf keinen Fall darauf verlassen und genügend Wasser mit sich führen. Um nicht zu viel Wasser den Barranco hinunter zu tragen, bietet es sich an, irgendwo hier im oberen Bett des Barranco ein oder zwei Liter Wasser zu deponieren, die dann am Abend für den Rückweg dienen können.

Für Hundebesitzer ist der Barranco Seco ein idealer Ort, um den Hund frei laufen zu lassen, denn hier treffen wir kaum auf andere Menschen und auch nicht auf Ziegenherden. Nur sollten Hundebesitzer in den sogenannten trockenen Zeiten auch daran denken. Genügend Wasser für den Hund auf diese lange Barranco Wanderung mitzunehmen.

Die Tunnel

überall geht es steil bergab

überall geht es steil bergab

Ungefähr 80 Meter bevor wir auf den Grund des Barrancos an der Galeria de la Junquera treffen, stoßen einige unwegsame Pfade von rechts auf den Hauptweg. Sie führen zu dem Tunnel, durch den die Wanderung Tamaimo – Barranco Seco – Los Gigantes, die ich hier bereits beschrieben habe, führt. Von der Galeria de la Junquera bis zum Eingang des zweiten Tunnels auf etwa 215 Höhenmetern geht die Wanderung parallel zu der „Tunneltour“. Wir folgen dem Wanderweg, der an den alten Ruinen, die auf der rechten Barrancoseite liegen, vorbei bergabwärts führt.

Dabei wechseln wir quer durch das Bachbett von der linken auf die rechte Talseite und nach einiger Zeit wieder auf die linke Seite zurück. Nachdem wir ca. 20 bis 30 Minuten auf dem Schluchtpfad bergab gewandert sind, treffen wir auf der linken Seite auf einen abgedeckten Wasserkanal, dem wir nach links an den Barrancorand folgen. An der Felswand entlang geht es weiter zum Tunnel, der durch den Berg zurück aus dem Barranco Seco heraus in die Steilküste Acantilado von Los Gigantes führt.

Wasser im Barrancobett

Wasser im Barrancobett

Wir aber halten uns auf dem Hauptpfad, der weiter zum Strand des Barrancos rechts herunter führt. Der Weg ist schmal, teilweise geröllig und ein wenig unwegsam. Die Schlucht ist teilweise zu Wasser führenden Zeiten sogar recht grün. Und da sie wenig begangen ist, sind die kleinen Pfaden häufig mit Büschen zugewachsen. Nach einigen Minuten sind wir wieder unten im Barrancobett und umrunden eine mächtige Felswand, die rechts und links den Barranco zu stützen scheint.

Barranco Grund mit Hindernissen

Ab jetzt wird der Weg schwierig und unwegsam. Es gibt mehrere Möglichkeiten, um an den Strand des Barrancos zu gelangen. Viele kleine Routen sind von Wanderern durch Steinmännchen gekennzeichnet. Teilweise verläuft der Weg links oder rechts am Hang des Barranco entlang. Dann wieder geht er quer durch den Barranco über Felsen und Geröll. Der Barranco wird enger und es besteht Steinschlaggefahr durch die überhängenden Felswände. Plötzlich gelangen wir an eine Stelle, an der der Weg nicht mehr weiter zu gehen scheint. An dieser Stelle ist ein Weiterkommen an der steilen Felswand auf der rechten Seite nur möglich, wenn der Wanderer an einer überhängenden Felswand eine ausgesetzte Felsstelle durch einen Sprung oder mit regelrechtem Klettern überwindet. Wer nicht trittsicher oder schwindelfrei ist, sollte diese Stelle meiden.

an dieser Stelle ist der Weg abgebrochen und kann nur mit einem Sprung oder mit ein wenig Klettern überwunden werden

an dieser Stelle ist der Weg abgebrochen und kann nur mit einem Sprung oder mit ein wenig Klettern überwunden werden

Für mich sieht diese Stelle so aus, als wenn hier ursprünglich ein begehbarer Weg unmittelbar am Felsen entlang verlaufen ist. Dieser scheint jedoch in Teilen abgestürzt zu sein, so dass nur noch Fragmente davon erhalten sind. Um hier weiterzukommen, sind jetzt Sprünge oder Klettern unmittelbar an der Felswand über dem Abgrund von Nöten.

Der Steilhang

Ich stand zugegebenermaßen an dieser Stelle das erste Mal recht ratlos da und dachte schon, dass mein Ausflug in den Barranco Seco an dieser Stelle zu Ende sei. Doch dann fanden wir tatsächlich eine Lösung auf der gegenüberliegenden Barrancoseite. Dort ist ein Steilhang, der gleichfalls herunter auf den Barrancogrund führt. Diesen Steilhang konnten wir sogar mit Hund meistern. Dort geht es auf einem sehr kleinem Pfad nicht vollkommen steil nach unten, sondern so, dann wir uns immer noch an Ästen oder an dem Fels festhalten konnten.

steile sunkle Felswände auf beiden Seiten des Weges

steile sunkle Felswände auf beiden Seiten des Weges

Mit ein wenig kraxeln und vorsichtigem Gehen über viel Geröll ist es möglich, an dieser Stelle vorsichtig und langsam nach unten auf den Barrancogrund zu kommen. Durch diesen Abgang ist die unwegsame Steilwand auf der anderen Barrancoseite überwunden.
Tatsächlich hat auch jemand an dieser Stelle kleine Steinmännchen hinterlassen, die den Weg in Richtung Barrancoboden weisen.

Wir gehen nun weiter in dem immer enger und dunkler werdenden Barrancobett. Teilweise verläuft der Weg an der rechten Barrancoseite im ständigen auf und ab. Dann führt er wieder mitten durch das Bachbett. Es geht noch einige Male sehr steil an den Seiten des Barrancos auf schmalen Pfaden steil hoch und runter und auch im Barrancobett ist ein wenig Kletterei notwendig. Doch dann hören wir auf einmal das Meer rauschen und wissen, dass wir uns nun dem Atlantik nähern. Kurz danach kommen wir über die rechte Hangseite auf ein kleines Felsplateau. Von wo wir einen ersten Blick auf den langen Steinstrand werfen können.

Ein einsamer Steinstrand

Nach weiteren 5 Minuten haben wir es geschafft und stehen am Strand des Barranco Seco. Das hier ist kein Sandstrand, sondern absolut wilde unberührte Natur. Von der Anwesenheit von Menschen zeugen nur einige Ruinen. Ansonsten sind der Strand und die Umgebung mit Steinen und Felsen übersäht. Wir blicken auf das Meer vor uns und auf die vorbeifahrenden Ausflugsboote, die auf den Weg zu ihren Walbeobachtungen ihre Gästen vom Meer aus einen Blick auf diesen düster wirkenden Ort werfen lassen. Abgesehen von den weit am Ufer vorbei fahrenden Touristen genießen wir an diesem Strand die vollkommene Einsamkeit. Hier stört sich niemand an einem frei laufenden Hund und wer nackt baden möchte, wird dieses vollkommen unbeobachtet tun können.

Blick in den Barranco Seco und auf La gomera

Blick in den Barranco Seco und auf La gomera

Klettern wir über die vielen Steine und Felsen am Strand zur linken Seite der langen Bucht, können wir von dort einen Blick auf das Nahe Los Gigantes werfen. Auf der anderen Seite mündet neben dem dunklen Barranco Seco auch der Barranco Natero in den Atlantik. Da ich selber den Barranco Natero noch nie bis zum Ende gegangen bin, war ich leider auch noch nicht an dieser Stelle, die ich mir jedoch häufig sehr intensiv vom Boot aus angesehen habe. Vielleicht ein kleines persönliches Wanderprojekt für den nächsten Winter – wer weiß.

Eine kleine Stärkung hier unten am Strand ist immer eine gute Idee, da es hier keinen Bootsanleger und damit auch keine Abholmöglichkeit wie am Masca Strand gibt. So dicht am Meer und so dicht am lebhaften Touristenort Los Gigantes – und dennoch weit weg von der Zivilisation. Es bleibt nur ein Weg, um wieder aus dem Barranco heraus und unter Menschen zu kommen und das ist der gleiche Weg bergauf zurück.

Informationen:

Höhenunterschied: 880 Höhenmeter von El Modello bis zum Strand des Barranco Seco (wenn das Auf- und Ab der gesamten Strecke mitberücksichtigt wird sicher mehr als 1000 Höhenmeter)

Anforderung: äußerst schwer, da es sich um eine sehr lange Wanderung handelt, bei der mindestens 6.30 Stunden einzuplanen sind. Weiterhin größere Streckenabschnitte im Barranco Seco unbedingte Trittsicherheit und Schwindelfreiheit. Wichtig ist auch zu beachten, dass die anstrengendere Aufwärtsstrecke auf dem Rückweg liegt. Die Strecke sollte nur von erfahrenen und konditionsstarken Wanderern begangen werden.

hier sind wir wirklich allein

hier sind wir wirklich allein

Startpunkt: Kirche von El Modello (zu erreichen über die TF 82 El Retamar – Santiago del Teide).

Zeit: reine Wanderzeit bis zum Strand des Barranco Seco mindestens 3 Stunden und zurück mindestens 3.30 Stunden.

Hinweis: Auf jeden Fall neben Proviant sehr viel Wasser mitnehmen. Es besteht im unteren Teil des Barranco an verschiedenen Stellen Steinschlaggefahr. Weiter empfiehlt sich, rechtzeitig los zu wandern, um vor Dunkelheit wieder aus dem Barranco zurück zu kommen. Die Wanderung kann auch mit der Wanderung (Tamaimo-Barranco Seco- Los Gigantes) kombiniert werden. So kann bei Bedarf auf dem Rück- oder Hinweg der Ein- oder Ausstieg in den Barranco nicht über El Modello, sondern durch einen der beiden Tunnel gewählt werden. Doch bei Benutzung der Tunnel ist vorher bei den örtlichen Touristeninformationen oder der Kommune unbedingt nachzufragen, ob die Tunnel begangen werden dürfen.

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