von Christian Günter (Kommentare: 1) in Kategorie » Kanaren «
Die verschobene Vertreibung aus einem vermeintlichen Paradies
Doch nun schlägt die Krise auch auf die Beschäftigten im öffentlichen Dienst durch. Etwa die Hälfte der 88 Gemeindeverwaltungen auf den Kanaren werden im Jahr 2013 ihre Stellenpläne zusammenstreichen müssen. Der Grund dafür ist recht einfach. Es fehlt ganz einfach das Geld, um die Löhne und Gehälter der Arbeiter und Angestellten zu bezahlen. Bereits im Jahr 2012 hat es in 15 % der Municipios Massenentlassungen gegeben. Eine Zahl, die nach Angaben des Generalsekretärs der Vereinigung der öffentlichen Dienste (Federación de Servicios Públicos, FSP), Francisco Bautista, in diesem Jahr auf 45 % ansteigen wird.
Auch wenn die Bürgermeister angeblich alles tun, um die Entlassungen zu vermeiden, haben sie jedoch meist keine andere Wahl. Da Zuwendungen, die ihnen aus dem großen Topf, den die Kanarische Zentralregierung verwaltet, zustehen, noch nicht ausgezahlt wurden. Die Chefs der lokalen Verwaltungen scheuen diese Maßnahmen nicht nur wegen der schlechten Presse, die sie ihnen einbringen. Sondern auch, weil viele Aufgaben der Gemeinden dann nicht mehr in der gewohnten Form durchgeführt werden können.
10.000 Stellen bedroht
Zwischen 5.000 und 10.000 Mitarbeiter in den Gemeindeverwaltungen könnten im Jahr 2013 ihre Arbeit verlieren. Wenn es nicht doch noch eine rasche Einigung zwischen der Regierung der Kanaren und den lokalen Administrationen gibt. Dass es nicht im vergangenen Jahr bereits zu massiveren Entlassungen gekommen ist, liegt nach Ansicht von Gewerkschaftsvertretern daran, dass die Bürgermeister darauf warten, dass ein neues Gesetz verabschiedet werden soll, das die Gemeinden verpflichtet ihre Personalausgaben zu senken und Stellen zu streichen.
Ist dieses Gesetz erst einmal in Kraft getreten, können sich die Gemeindechefs gegenüber ihren Wählern auf diese Vorgaben berufen und ihre Hände in Unschuld waschen. Aber die Zeit arbeitet gegen sie. Und so ist damit zu rechnen, dass es in diesem Jahr besonders im Bereich der Kinderbetreuung und der Versorgung hilfsbedürftiger älterer Menschen massive Einschnitte geben wird. Wie so oft soll also dort zuerst gespart werden, wo der geringste Widerstand zu erwarten ist. Die Lobby für die Bedürfnisse von Alten, Kranken und Kindern ist nun mal nicht so stark, wie sie es in anderen Bereichen ist, die durch die Einstellung von öffentlichen Angeboten ebenfalls betroffen sein könnten.
Kommentare
Kommentar von nauticcus |
Die beschriebene Problematik ist allerdings weniger eine Auswirkung der Finanz- und Wirtschaftskrise. Diese wird vor allem deshalb wirksam, weil die strukturellen Bedingungen vor allem auf den kleineren Inseln sehr ungünstig sind. Die verkehrstechnische Abgelegenheit vieler Orte haben mancherorts eine Gemeindenstruktur entstehen lassen, die aus verwaltungsökonomischer Sicht ausserordentlich kostspielig ist. So gibt es z. Bsp. auf San Miguel de La Palma für nominell 85.000 Bewohner 14 Gemneinden. Dabei leben statistisch knapp 40 % der Bewohner allein in nur 2 Gemeinden, so dass sich 40.000 Bewohner im Mittel auf 12 Gemeindestrukturen verteilen, mit dem Ergebnis, das die kleinste Gemeinde hier deutlich unter 2000 Bewohner zählt. Da mag es für die öffentlich Mitarbeiter dienstlich sicherlich relativ beschaulich zugehen, aber dieser „Luxus“ muss auch finanziert werden. Ausserdem sei angemerkt, dass die tatsächliche Bewohnerzahlen offenbar auch noch beträchtlich niedriger (geschätzte 20%) liegen als die amtlichen. Es wird wohl mittelfristig zu einer Reform der Gemeindestruktur kommen müssen, weil das jetzt existierende System einfach nicht mehr bezahlbar ist. Gesprochen wird schon länger davon, in Madrid. Aber der lokale Widerstand (vor allem) der betroffenen Bürgermeister, und natürlich auch der betroffenen Bewohner, ist erheblich. Also wird nun der finanzielle Hebel angesetzt und damit der Boden für die – eigentlich überfällige – Reform bereitet.
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