von Thomas Vollmer (Kommentare: 0) in Kategorie » Kanaren «
Seniorengymnastik und Kartoffelschälen unter Palmen
Dass es im deutschen Pflegebetrieb seit vielen Jahren zahlreiche Missstände gibt, darin sind sich nicht nur die Experten, sondern auch Bewohner und Angestellte in Pflegeheimen sowie die Beschäftigten bei mobilen Pflegediensten einig. Viel zu wenig Zeit für die notwendigen Arbeiten, geschweige denn ein paar Minuten für eine kurze Unterhaltung, überbordende Bürokratie, hohe Kosten und trotzdem eine miserable Bezahlung für diejenigen, die in dieser Arbeit trotz allem mehr sehen als nur einen Job, sind die größten Mängel im deutschen Pflegebetrieb.
Attraktive Alternative
Diese Faktoren in Verbindung mit persönlichen Vorlieben und Notwendigkeiten führen dazu, dass sich immer mehr Menschen im fortgeschrittenen Alter dazu entscheiden, nicht nur dem oftmals trüben Wetter in Deutschland zu entfliehen, sondern auch der Aussicht, in einem kleinen Zimmer eines Seniorenheims auf ihren Tod zu warten. Da erscheint es vielen attraktiver, die verbleibende Zeit unter südlicher Sonne zu verbringen, wäre da nicht das Problem mit der fremden Sprache. Dieses Hindernis wurde auf Lanzarote bereits vor mehr als 5 Jahren aus dem Wege geräumt.
2008 kamen Thomas Kalisch und Jana Kaiser auf die Vulkaninsel, um hier, im ewigen Frühling der Kanaren, ein neues Pflegekonzept auszuprobieren. Beim mobilen Pflegedienst Curavital in Arrieta spricht man deutsch. Nicht nur die Pflegekräfte, sondern auch die Ärzte können sich in der vertrauten Sprache mit den betreuten Senioren unterhalten. Zeit zum Reden und Pflege ohne Zeitdruck ist bei Curavital kein frommer Anspruch, sondern Wirklichkeit.
Die Menschen bleiben in ihren eigenen vier Wänden und werden trotzdem bei all den Dingen unterstützt, die sie nicht mehr alleine bewältigen können. Es besteht bei Curavital aber auch die Möglichkeit, sich in einer kleinen aber feinen Residenz einzumieten. 13 Senioren haben hier Platz. Dabei liegen die monatlichen Kosten für einen betreuten Aufenthalt in der Villa am Meer mit etwa 2.500 Euro um etwa 1.500 Euro unter dem Betrag, den man in Deutschland für ein vergleichbares Angebot auf den Tisch legen müsste. Natürlich muss man einen Pflegedienst auch auf Lanzarote unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten führen. Aber auf Grund der unterschiedlichen Gegebenheiten vor Ort bleibt am Ende auf den Kanarischen Inseln doch mehr Zeit für die Menschen übrig.
Langeweile gibt’s nicht
Dabei sind die alten Menschen durchaus noch gefordert. Stumpfes Herumsitzen in dunklen Zimmern ist hier nicht angesagt. Die Senioren werden hier nicht nur mit altersgerechter Gymnastik fit gehalten, sondern auch schon mal zum Kartoffelschälen oder zum Putzen des frischen Gemüses für ihre eigenen Mahlzeiten herangezogen. So wird ihnen das Gefühl gegeben, noch selbst etwas tun zu können. Aktive Beschäftigung ist das beste Mittel gegen Langeweile und den fortschreitenden Abbau der grauen Zellen. Die standardisierte Rundumverpflegung nach Stoppuhr ist in der weißen Villa am Strand nicht zu finden. Hier geht es individueller und unkonventioneller zu als in größeren Heimen, in denen es auf Grund ihrer anderen Struktur nur sehr beschränkt möglich ist, auf die besonderen Bedürfnisse einzelner Bewohner einzugehen.
Trotz der unbestreitbaren Vorteile will die Entscheidung, Deutschland im Alter zu verlassen, gut überlegt sein. Die Trennung von der Familie und die Einstellung auf das Leben in einer fremden Umgebung sind nicht zu unterschätzende Faktoren, die das Glück unter der Sonne trüben können.
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