von Thomas Vollmer (Kommentare: 0) in Kategorie » Kanaren «
Neues Gesetz zum Wohnungseigentum sieht temporäre Enteignung der Banken vor
Es gab auf den Kanarischen Inseln eine Diskussion darüber, wie man dem immer drängender werdenden Problem der Vertreibung von säumigen Hypothekenschuldnern durch die Banken aus ihren Wohnungen begegnen kann. In Andalusien enteignet man bereits die Banken, um die in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Bewohner vor der Obdachlosigkeit zu bewahren. Diesen Schritt halten auch die Politiker auf den Kanaren für einen gangbaren Weg. Ein Gesetz, wie die Südspanier es haben, betrachten sie jedoch als problematisch, da es unter Umständen einer Überprüfung durch das Verfassungsgericht nicht standhalten wird.
Dennoch wird es auch auf dem Archipel zeitlich begrenzte Enteignungen der Immobilienfinanzierer geben. Durch die geplante Änderung des kommunalen Wohnungsgesetzes wird es möglich sein, den Kreditinstituten für einen Zeitraum von drei Jahren die Verfügungsgewalt über die fraglichen Wohnungen zu entziehen. Viele Banken haben in der Vergangenheit säumige Schuldner aus ihren Immobilien geklagt und sie danach leer stehen lassen. Der daraus entstehende gesellschaftspolitische Sprengstoff wird zunehmend explosiver, so dass sich immer mehr Verantwortungsträger Sorgen um den sozialen Frieden im Land machen. Diese Sorge geht parteiübergreifend auch auf den Kanaren um. Ohne unüberwindliche Differenzen ist deshalb im Parlament jetzt mit Hochdruck an einer Lösung gearbeitet, die alle Fraktionen und Interessengruppen tragen können.
Der jetzt vom Präsidenten der Inselregierung, Paulino Rivero vorgetragene Entwurf der Neufassung des Kommunalen Wohnungsgesetzes sieht deshalb eine durch Gerichte festgestellte Ausgleichszahlung für den vorübergehenden Entzug der Verfügungsgewalt für die Banken vor. Um schnell eine Antwort auf die immer drängendere Frage geben zu können, ist nach einer Lösung gesucht, die zum einen rechtlich unbedenklich ist und zum anderen nicht durch langwierige Diskussionen im Parlament blockiert ist. In Anbetracht der dramatischen Lage sind so Koalitionen zustande gekommen, die man in anderen Fragen niemals für möglich gehalten hätte. Auch wenn es noch Kritik an der geplanten Regelung gibt, da wieder Steuergelder an Banken gehen, die die prekäre Situation mit in unverantwortlicher Bedenkenlosigkeit gewährten Krediten für Immobilien in entscheidender Art und Weise zu verantworten haben.
Nicht jeden erfasst das Gesetz
Die neue Regelung wird ausschließlich für Banken und Sparkassen gelten, kleinere private Investoren, die als natürliche Personen ihre Ersparnisse in Betongold angelegt haben, werden von dem Gesetz nicht erfasst. Das Gesamtpaket zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit sieht darüber hinaus eine Erfassung aller leer stehenden Wohnungen und Häuser vor. Den privaten Eigentümern soll durch Garantien der öffentlichen Hand die Chance gegeben werden, ihre Immobilien in die Vermietung zu geben, ohne dass die potenziellen Mieter Angst haben müssen, bei Schwierigkeiten des Vermieters mit der Bank auf die Straße gesetzt zu werden.
Viele Betroffene hoffen nun, dass der Entwurf des neuen Wohnungsgesetzes jetzt möglichst schnell zu geltendem Recht wird, damit sie wieder in Ruhe schlafen können. Für sie wäre es eine große Erleichterung und eine wichtige Perspektive, nicht länger damit rechnen zu müssen, ihr Heim zu verlieren, weil sie auf Grund von Arbeitslosigkeit und dem damit verbundenen Wegfall von Einnahmen ihre Hypotheken nicht mehr in der in besseren Zeiten vereinbarten Form bedienen können. Da alle Parteien die Dringlichkeit des Problems erkannt haben, stehen die Chancen auf eine rasche Einigung gar nicht so schlecht.
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