von Leonie Reuter (Kommentare: 3) in Kategorie » Kanaren «

Immobilien in der Krise

Immobilien – hoher Leerstand auf den Kanaren

Auch die neueste Meldung, die uns in den letzten Wochen über die Nachrichtenticker erreichte, dass es auf den kanarischen Inseln über 140.000 leere Häuser gäbe, konnte nicht mehr wirklich schocken. Denn jeder, der sich auf den sonnigen Inseln in den letzten Jahren mit offenen Augen umsieht, stößt dort nach sehr kurzer Zeit auf leerstehende Immobilien. Überall in den Orten und auch auf den Landstraßen fallen die vielen Schilder in den Fenstern oder vor den Häusern auf. „SE VENDE“ (zum Verkauf) ist auf den Schildern zu lesen. Wohnungen oder ganze Häuser stehen allerorten zum Verkauf. Wer eine neue Wohnung oder ein Haus kaufen möchte, hat zurzeit die freie Auswahl.

SE VENDE

SE VENDE

Ab und zu sind es nicht nur Einzelobjekte, sondern ganze Viertel und Siedlungen, die so gut wie oder aber auch tatsächlich vollkommen leer stehen. Wie Geisterstädte muten diese halb fertigen Siedlungen an. Die Straßen sind erschlossen. Dennoch parkt kein Auto auf den vorbereiteten Parkplätzen. Kein Mensch ist auf der Straße oder auf den Balkonen der kleinen weißen Bungalowhäuser, auf denen die neuen Balkongitter in der Sonne glitzern, zu sehen. Keine Menschen, dafür häufig inmitten dieser Siedlungen anzutreffen: zurück gelassene Baumaterialien oder gar Baumaschinen. So dreht sich zum Beispiel im nördlichen Wohngebiet über Puerto de Santiago auf Teneriffa der große langsam vor sich hin rostende Kran ganz leicht im Wind über der ausgestorbenen Siedlung. An solchen Stellen ist die Krise nicht zu übersehen. Die Insolvenz hat zugeschlagen. Arbeitsstellen auf dem Bau gibt es hier schon lange nicht mehr.

Über 10% der Immobilien stehen leer

alter Kran rostet vor sich hin

alter Kran rostet vor sich hin

Die neue Zahl des Immobilien Leerstandes basiert auf einer Zählung aus dem Jahr 2011. Es gibt nach diesen neuesten Daten basierend auf der Jahreszählung 2011, die vom Nationalen Institut für Statistik (INE) veröffentlicht wurden, fast 140.000 Wohnungen ohne Bewohner. Genauer gesagt, waren von den insgesamt 1,04 Millionen kanarischen Immobilien im Zählungsjahr 138.262 leer. Eine seit dem Jahr 2011 steigende Tendenz wird weiterhin vermutet, denn immer mehr Spanier haben ihre Arbeit verloren. Viele von ihnen verlassen die Inseln, um sich in anderen europäischen Ländern Arbeit zu suchen. Oder sie gehen, wie zum Beispiel nach Südamerika, zurück in ihre Heimatländer.

Bevölkerung der kanarischen Inseln wächst bis 2019 auf 2,5 Millionen Menschen an

Unabhängig von dieser Entwicklung, ist die Bevölkerung der kanarischen Inseln im Wachstum begriffen. Nach den veröffentlichten Erhebungen des Kanarischen Instituts für Statistik Istac (Instituto Canario de Estadística) soll bis zum Jahr 2019 die Einwohnerzahl auf den Kanaren um 500.000 Einwohner ansteigen, so dass die Bevölkerung dann 2,5 Millionen Menschen betragen wird. Laut Statistik sind die kanarischen Inseln auch die spanische Region mit dem zweithöchsten Bevölkerungswachstum im letzten Jahrzehnt. Die Bevölkerung erreichte nach der Statistik des Nationalen Institutes für Statistik (INE) auf den kanarischen Inseln im Jahr 2011 die Anzahl von 2.082.655 Menschen. Davon waren 13,3 Prozent Ausländer. Die Gesamtbevölkerung der Inseln stellt im Bevölkerungswachstum im letzten Jahrzehnt den zweitgrößten spanischen Bezirk hinter den Balearen da. Die Bevölkerung wuchs um 22,9 Prozent, während die Bevölkerung der Balearen um 30,8 Prozent anwuchs. Infolge der erhöhten Bevölkerung sind die Kanaren und die Balearen auch die am schnellsten wachsenden Gebiete

Leerstand und wachsende Bevölkerung ein Widerspruch?

Die Bevölkerung auf den kanarischen Inseln nimmt ohne Zweifel zu. Und dennoch stehen die Immobilien leer. Das lässt allein den Schluss zu, dass der zu erwerbende Wohnraum für die meisten Insulaner entweder nicht mehr finanzierbar ist und sie ihn verlassen müssen. Oder auch für viele Inseleinwohner ein Erwerb einer Immobilie finanziell nicht möglich ist. So bleibt nur die Hoffnung der Immobilienhändler auf ausländische Investoren, die nach wie vor gerne eine Ferienimmobilie auf den sonnigen Inseln erwerben möchten.

Doch im Moment gibt es auf dem Immobilienmarkt so viele Häuser und Wohnungen, für die ein potentieller Käufer dringend gesucht wird, dass es nicht genügend Kaufwillige gibt. Infolgedessen werden die Kaufinteressenten von den Verkäufern mit immer größeren Versprechungen und kostenlosen Zusatzleistungen umworben. Manch kleiner Immobilienhändler musste seine Tätigkeit auch bereits einstellen. So erzählte mir vor einiger Zeit ein Immobilienhändler aus Adeje, dass er nun selber sein Haus und sein Geschäft zum Verkauf anbieten müsse. Seine Familie und er würden für drei Jahre nach Zentralafrika gehen, wo er eine Stelle angeboten bekommen habe.

Nicht genügend Kaufwillige

Er kann nun dort in seinem alten Beruf als Ingenieur arbeiten. Dieser Mann ist ganz bestimmt nicht der einzige aus seiner Zunft, der sein Geschäft aufgeben muss. Viele Immobilienbüros, die sich nicht verkleinern oder ganz aufgeben, stellen ihr Konzept um. Es gilt sich mental und sprachlich auf die große neue Kundschaft aus den östlicheren Ländern Europas einzustellen. Kyrillische Schriftzeichen für die überwiegend russische Kundschaft scheinen in den meisten Immobiliengeschäften mittlerweile zum Standard zu gehören.

Ein ganz klarer Käufermarkt, der weiterhin willigen Immobilienkäufern zurzeit immer noch so manches Schnäppchen ermöglicht. Verkauft wird von den immer noch in großer Anzahl auf den Inseln ansässigen Immobilienmaklern, von privaten Eigentümern und letztlich auch von den Banken selber, die die Wohnungen von zahlungsunfähigen Kreditnehmern zurück erhalten haben. Doch die persönliche kleine Finca in einer guten Lage zu einem guten Preis ist eine Sache. Aber was soll mit den Immobilien werden, die täglich weiter verwahrlosen und für die es auch in einem Jahr mit Sicherheit keinen Käufer geben wird, da sie in weniger attraktiven Lagen anzutreffen und bereits jetzt offensichtlich dem Verfall preisgegeben sind?

Geisterstädte und Ruinen

mit diesen Steinen baut niemand mehr

mit diesen Steinen baut niemand mehr


Ein weiteres Problem sind die Häuser oder besser gesagt, ganze Gebiete, die ausgestorben sind. Dort stehen auch keine „Se vende“ Schilder mehr. Manchmal verwahrlosen auf diese Art hunderte von Häusern am Stück. Der nagende Zahn der Zeit ist unübersehbar. Dort wartet niemand mehr auf einen Käufer. Es könnte an diesen Orten möglicherweise nur noch ein finanziell gut ausgestatteter Großinvestor helfen, der die eingeschlafenen Projekte zu neuem Leben erwecken müsste. Doch woher soll der kommen und wer will ihn finden? Aber selbst, wenn es ihn gäbe, würde das kaum das Blatt zum Guten wenden können. Wahrscheinlich werden diese Gebiete mit der Zeit verfallen müssen, denn wenn der Immobilienleerstand bereits in den Städten und Dörfern nicht mehr zu übersehen ist, ist mit Sicherheit nicht die Zeit, um in weiteren Gebieten neuen zusätzlichen Wohnraum zu errichten.

Baugerippe – keine schöne Aussicht

Eine weitere Vorstufe von dem Leerstand sind die häufig äußerst unansehnlichen Baugerippe, die an vielen Stellen auf den Inseln zu finden sind. Hier handelt es sich nicht nur um an sich fertige, aber zurzeit nicht verkäufliche Immobilien, sondern um Bauten, die vor Jahren und teilweise auch Jahrzehnten begonnen worden sind. Später nachdem das Betongerippe stand, wurde der Bau aus den unterschiedlichsten Gründen abgebrochen und nicht mehr fertig gestellt.

So ist zum Beispiel in der oberen Reihe von Los Gigantes seit Jahren ein großer freier Bauplatz am Berg vorbereitet, um dort im damaligen Bauboom neue Terrassenhäuser zu errichten. Der nun seit Jahren leerstehende Platz fällt jedoch nicht so unansehnlich ins Auge, wie die gleich daneben stehenden nun seit über 30 Jahren in den Himmel ragenden betonierten Baugerippe. Angefangen, nicht fertiggestellt und verlassen. Keiner kümmert sich um den Bau. Weder Weiterbau noch Abriss stehen auf dem Programm. „Wann wird alles zusammenfallen“, fragen sich nicht nur die Einwohner von Los Gigantes. Ähnliche Gerippe trifft der Inselreisende überall und wundert sich, dass die Verschandelung der Umgebung, die von diesen Gebäuden unzweifelhaft ausgeht, anscheinend niemanden zu stören scheint.

Immobilienleerstand und Bevölkerungswachstum – Chance oder Risiko?

Los Gigantes - Gerippe aus Beton

Los Gigantes – Gerippe aus Beton

Das Gute an der Immobiliensituation auf den kanarischen Inseln ist, dass grundsätzlich genügend Wohnraum für die wachsende Bevölkerung da ist. Wie so oft im Leben – im Moment scheitert der Einklang am nicht vorhandenen Geld. Die Menschen, die für sich und ihre Familien Wohnraum auf den kanarischen Inseln benötigen, können sich die Immobilien immer weniger leisten. Und für viele Immobilien, Projekte und Investitionen fehlt zudem das Geld vom Staat oder auch von spanischen oder ausländischen Investoren.

So bleibt für die Zukunft nur zu hoffen, dass die Politik schnell und effektiv Lösungen finden wird, um die wirtschaftliche Lage auf den kanarischen Inseln zu verbessern. Denn wirtschaftlicher Aufschwung allein ist die Voraussetzung für Arbeit, Geld und damit auch bezahlbarem Wohnraum. Sollte dieser ausbleiben, werden Investitionen weiter ausbleiben, wird sich der Leerstand bei den Immobilien weiter erhöhen und auch der Erwerb von Wohnraum für einen großen Teil der kanarischen Bevölkerung weiterhin nicht bezahlbar sein.

Kommentare

Kommentar von Monika Cillien |

Hallo,
ich und mein Mann wir überlegen uns gerade unseren „Lebensabend“ auf Teneriffa zu verbringen.
Der Artikel über den hohen Leerstand von Immobilien und die hohe Arbeitslosigkeit hat uns etwas schockiert.
Wenn man als normaler Tourist auf die Kanaren reist, bekommt man von den wirtschaftlichen Problemen erst mal nichts mit.
Was uns jedoch als ahnungsloser Tourist passiert ist, uns wurde aus dem geschlossenen Zimmertresor unser gesamtes Bargeld gestohlen, was uns vorher noch in keinem anderen Feriendomizil passiert ist.
Das hält uns jedoch nicht ab, an dieser Insel festzuhalten und sie wunderschön zu finden.

Kommentar von Leonie |

Hallo Monika,
mit dem Diebstahl Eures Bargeldes habt Ihr ja wirklich mehr als Pech gehabt. Allerdings kann so etwas wohl überall auf der Welt passieren.
Teneriffa ist und bleibt eine wunderschöne Insel zum Leben. Die Menschen sind sehr freundlich, die Natur ist einmalig und das milde Klima ist einfach nur angenehm.
Irgendwann werden die Kanaren auch wieder aus der Krise heraus kommen. Und der hohe Leerstand von Immobilien bietet im Moment natürlich auch die Gelegenheit, günstig eine schöne Immobilie für den Lebensabend zu erwerben.
Viele Grüße Leonie

Kommentar von Wilhelm Raabe |

Hallo Leonie,

mit großem Interesse las ich Deinen Artikel über die Bauruinen auf den Kanaren. Wir verbringen meist mehrere Wochen im Jahr (mittlerweile nur noch) auf Teneriffa.

Uns sind nicht nur die Bauruinen aufgefallen, sondern was noch viel mehr wundert ist, daß ganze Straßennetze samt Straßenlaternen und Verkehrsschildern in der Landschaft stehen, ohne ein einziges Haus oder Bauruine an den Straßen. Noch wunderlicher ist, daß Verkehrsschilder nagelneu sind, obwohl sie schon verwittert sein müßten, weil die gesamten Straßen schon über 10 Jahre vorhanden sind. Wurden die Schilder neu aufgestellt? Wurden die Straßenmarkierungen erneuert? Obwohl man die Straßen nicht befahren kann, weil Felsen die Einfahrt blockieren.

Eine andere Frage taucht da auf: Wenn diese vielen brachliegenden Geisterstädte mit angefangenen Bauten einfach der Verrottung überlassen werden, wem gehören sie? Wer kann sich erlauben, das alles einfach alles im Stich zu lassen? Wo und wer sind die Eigentümer? Wo ist das Geld, das sie mal dafür bezahlt haben?

Diese Leute schmissen doch das Geld zum Fenster hinaus, bauten ins Blaue Straßen, an denen nie Häuser stehen werden. Bauten Ruinen. Totale Fehlplanungen. Woher kam das Geld, und wo ist es heute?

Das andere ist, die einheimische Bevölkerung der Kanaren wächst. Von was lebt die Bevölkerung? Wohl ausschließlich von Touristen. Ich kenne kein Produkt, das auf den Kanaren dem Einkommen der Bevölkerung dient außer dem Tourismus.

Nur was uns wirklich sehr wundert ist, daß wir auf den Inseln viele Fincas, auch in abgelegenen Gebieten, gesehen haben, die waren topp gepflegt, und dicke neue Geländewagen standen in der Einfahrt, auch Reitpferde auf der grünen Weide. Nur – die Felder, die um die Fincas lagen, die einst bebaut worden waren, die sind verwildert, die ganzen Trassen, einst mühsam geschaffen mit bloßen Händen, liegen unnütz um die wunderbare Finca herum. Da wohnen keine Touristen, nein. Wovon leben die Besitzer, die nun ihre Felder nicht mehr bewirtschaften brauchen?

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