von Thomas Vollmer (Kommentare: 0) in Kategorie » Kanaren «
Die Römer sind schuld
Rebellen aus Nordafrika waren wohl zusammen mit den Berbern die ersten Bewohner, die das Leben unter der Sonne der Kanarischen Inseln genießen durften. Davon ist zumindest der Konservator des Archäologischen Museums von Teneriffa überzeugt. José Juan Jiménez geht in seinem neuen Buch „La tribu de los Canarii. Arqueología, Antigüedad y Renacimiento“ davon aus, dass es die Römer waren, die in nicht unerheblichem Maße dafür gesorgt haben, dass man die sieben Inseln vor der Küste Afrikas besiedelt hat.
Im ersten Jahrhundert nach Christus, zu Zeiten des Kaisers Claudius, waren die Römer damit beschäftigt, den inneren Frieden in ihrem Imperium zu sichern. Doch nicht alle Völker wollten sich von den mächtigsten Beherrschern der damals bekannten Welt vorschreiben lassen, wem sie zu dienen hatten. Nicht nur die Germanen im Norden, die sich in der berühmten Varusschlacht gegen die Besatzer durchgesetzt hatten, sondern auch Stämme im Norden Afrikas waren nicht bereit, die Segnungen der Zivilisation wie Straßen, eine geregelte Wasserversorgung und andere Annehmlichkeiten anzunehmen, wenn sie sich dafür den Herrschern aus dem fernen Rom unterwerfen mussten.
Antike Schriften gaben wichtige Hinweise
José Juan Jiménez hat nun mit wissenschaftlicher Sorgfalt griechisch-römische Schriftquellen der Zeit studiert und ausgewertet. Demzufolge schickte Kaiser Claudius seinen General Gaius Suetonius Paulinus im Jahr 41 nach Christi Geburt nach Mauretanien, um dort eine Rebellion niederzuschlagen.
Mit seinen Soldaten war Paulinus der erste Römer, der die Berge des Atlasgebirges im Norden Afrikas überquerte. Die aufständischen Volksgruppen dieser südlichen Provinz des Römischen Reiches hatten sich in das unwegsame Gelände des Atlas zurückgezogen, um von hier aus ihre Angriffe auf die römischen Besatzer planen und starten zu können. Mit dem Einsatz von Gaius Suetonius Paulinus hatte dieses Treiben jedoch bald ein Ende. Der überlegenen Kriegstechnik der Römer mussten sich die Aufständischen schließlich geschlagen geben. Um ein für alle Mal für Ruhe zu sorgen, entschlossen sich die Besatzer, die widerspenstigen Nordafrikaner zu deportieren. Alle, die sich so gar nicht mit den Regeln des Imperium Romanum anfreunden konnten, hat man deshalb in Gebiete gebracht, die weit von den Grenzen des römischen Reiches entfernt waren.
So kamen eben auch diese Rebellen als frühe Siedler auf die Kanarischen Inseln. Die bislang oft vertretene These, dass schon in vorchristlicher Zeit die Kanaren bewohnt gewesen sein sollen, findet José Juan Jiménez nach dem Studium der antiken Schriften nicht bestätigt. Auch der Name der Inseln soll demnach von diesen ersten nicht ganz freiwilligen Bewohnern stammen. Es waren die aufständischen Angehörigen des Stammes der Canarii aus dem heutigen Mauretanien, die von den Römern auf die Inseln deportiert worden waren.
In seinem Buch beschreibt der Archäologe aber nicht nur die Gründe für die frühe Besiedlung der Kanarischen Inseln, sondern auch das tägliche Leben der neuen Inselbevölkerung. Er geht ein auf die Landwirtschaft, die das Überleben sichern sollte, die gesellschaftlichen Strukturen, die eine stabile Ordnung garantieren sollte und zahlreiche weitere Faktoren, die das Leben der ersten Canarios bestimmt haben.
Von der Strafkolonie zum Traumziel für Touristen
Mit diesen neuen Erkenntnissen reihen sich die Kanarischen Inseln ein in eine ganze Reihe von heutigen Traumzielen des Tourismus. Nicht wenige der Destinationen, die heute als beliebte und begehrte Urlaubsorte oder Auswandererziele gelten, haben ihre Karriere als Strafkolonien oder Gefängnisinseln begonnen. Reichte es früher aus, den gerade amtierenden Herrschern nicht wohlgesonnen zu sein, um einen Platz an der Sonne zu ergattern, muss man heute dafür schon tief in die Tasche greifen, um sich dieses Vergnügen leisten zu können. Allerdings wird den heutigen Besuchern auch eine ganze Menge mehr geboten als den ersten Bewohnern der Kanaren, mit denen wohl kaum ein Tourist unserer Tage tauschen möchte.
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