von Thomas Vollmer (Kommentare: 0) in Kategorie » Gran Canaria «
Selbstbedienung bei Aguas de Teror
Wenig Fingerspitzengefühl bewiesen der Bürgermeister von Teror, Juan de Dios Ramos, und einige seiner Politikerkollegen, als sie bei einer Aufsichtsratssitzung des Mineralwasserabfüllers Aguas de Teror auf Gran Canaria jetzt kurzerhand ihre Bezüge um 120 % erhöht haben. Statt bislang 35.000 Euro im Jahr, genehmigen sich die Aufsichtsräte nun 77.000 Euro. Eine Gehaltssteigerung, von der die meisten Bürger von Teror nur träumen können. Zwar müssen sich diese Summe fünf Ratsmitglieder teilen, dennoch machen sie dabei ein erstklassiges Geschäft, denn um dieses nette Zubrot zu erhalten, müssen sie eine recht bescheidene Gegenleistung erbringen. Etwa einmal in Monat trifft sich der Rat zu einer Sitzung, die nur wenige Stunden dauert. Da sind die 15.400 Euro, die der Bürgermeister nun jedes Jahr für seine Tätigkeit im Aufsichtsrat erhält, sicherlich eine ganz nette Summe, zumal er für seine Funktion als Stadtoberhaupt des mit knapp 13.000 Einwohnern recht überschaubaren Ortes weitere 65.000 Euro erhält.
Angeblich gesteigertes Arbeitsaufkommen
Begründet ist die Erhöhung mit dem gestiegenen Arbeitsaufkommen, das ein besonderes Projekt des städtischen Unternehmens mit sich bringt.
Außerdem, so betonte der für Steuern und Wasser zuständige Stadtrat Armando Santana, der als einer der fünf Aufsichtsräte ebenfalls von der Erhöhung profitiert, machten die Bezüge der Aufseher lediglich 0,32 % des Umsatzes von Aguas de Teror aus. Trotzdem dürfte eine Entschädigung von über 1.000 Euro pro Sitzung für den Bürgermeister wenig Zustimmung unter den Bewohnern der Stadt hervorrufen.
Besonders in Zeiten der Krise – auch in Teror sind die Arbeitsplätze derzeit rar – zeugt es von wenig Augenmaß und Verständnis für die Probleme der Bürger, wenn sich Politiker im Selbstbedienungsverfahren ihre Bezüge derart beträchtlich erhöhen. Während Kitas und Seniorentreffs wegen fehlender Mittel geschlossen werden müssen und mancher der etwa 1.500 Arbeitslosen in Teror kaum weiß, wie er mit seiner mageren staatlichen Unterstützung seine Familie durchbringen soll, ist eine solche Entscheidung, wie sie Bürgermeister Juan de Dios Ramos und seine Kollegen getroffen haben, kaum zu rechtfertigen. Wenn es die wirtschaftliche Lage des sich im städtischen Besitz befindlichen Unternehmens zulässt, dass sich eine kleine Gruppe so schamlos bedient, darf man sicherlich fragen, ob sich die 380 Beschäftigten des Wasserabfüllers ebenfalls über eine kräftige Gehaltserhöhungen freuen dürfen oder ob sie, um ihre Arbeitsplätze nicht zu gefährden, nicht vielleicht sogar eine Kürzung oder unbezahlte Mehrarbeit hinnehmen müssen.
Misstrauen gegenüber Politikern bleibt
Dieser Fall zeigt einmal mehr, wenn auch in einem bescheidenen, recht beschränkten Rahmen, dass sich die vermeintlichen Eliten, gleich ob auf lokaler, regionaler oder nationaler Ebene, oftmals wenig für die Aufgaben interessieren, für die sie gewählt worden sind, sondern viel mehr dafür, wie sie während ihrer Amtszeit möglichst viele private Vorteile sammeln können. Sicherlich darf man diese Fälle nicht generalisieren. Nicht alle Politiker beweisen so wenig Fingerspitzengefühl. Aber ein unbestimmtes Gefühl des Misstrauens gegenüber der Politikerkaste bleibt dem Wahlvolk durch solche Aktionen erhalten.
Derzeit hält sich das Stadtoberhaupt übrigens in Angola auf. Der Zweck seiner Reise nach Afrika ist nicht bekannt, vielleicht hat er diese Strapazen ja auf sich genommen, um dort das köstliche Wasser aus seiner Heimatstadt zu verkaufen. Für eine Stellungnahme zu den Vorgängen war er auf jeden Fall nicht zu erreichen.
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