von Leonie Reuter (Kommentare: 0) in Kategorie » Gran Canaria «
Neues Europäisches Hilfsprogramm für arbeitslose junge Menschen
Insbesondere Jugendliche sind von den Folgen der Wirtschaftskrise durch Arbeitslosigkeit betroffenIm ersten Quartal des Jahres nahm die Zahl der Arbeitslosen in Spanien nach der Bilanz des spanischen Statistikamtes noch weiter zu. Insgesamt suchen zurzeit in Spanien über 6,2 Millionen Menschen Arbeit. Das sind mehr als 27% der Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter. Auf den kanarischen Inseln liegt die Arbeitslosenquote derzeit sogar bei über 34 %. Doch auch diese bereits erschreckend hohe Quote, wird noch übertroffen von der Quote der Jugendarbeitslosigkeit. Bei den jungen Menschen unter 25 Jahren sind es landesweit mehr als 55 %, während auf den Inseln die Jugendarbeitslosigkeit einen Höchststand von über 70% erreicht hat. Damit sind hier zwei von drei Jugendlichen ohne Arbeit und Perspektive.
Die Jungen haben es am schwersten
Die Arbeitslosenzahlen belegen, dass gerade die jungen Menschen noch schlechter als alle anderen arbeitssuchenden Menschen dran sind, wenn es darum geht, einen Job zu finden. Zwei von vier jungen Menschen haben es mittlerweile vollkommen aufgegeben, nach einem Job Ausschau zu halten. Hoffnungslosigkeit macht sich unter den Jugendlichen breit und sie müssen nicht einmal Pessimisten sein, um zu erkennen, dass die Aussicht, einen Job auf den kanarischen Inseln zu erhalten, im Moment sehr gering ist. 44.000 Jugendliche tauchen überhaupt nicht mehr in der Statistik auf. Sie arbeiten gar nicht oder unter der Hand schwarz. Einige haben es vorgezogen das Land zu verlassen und andere nutzen die Zeit für eine weitere Schul- oder eine Universitätsausbildung. Die steigenden Zahlen der sich Einschreibenden an den Universitäten sind nur ein Indiz für mangelnde Alternativen der jugendlichen Arbeitssuchenden.
Insgesamt wurden in den letzten fünf Jahren durch die Folgen der Krise weit über 65.000 Jobs auf den kanarischen Inseln vernichtet, die von jungen Leuten unter 25 Jahren besetzt waren. Ein Problem sind neben der Krise auch Mängel in den Bildungseinrichtungen und Betrieben in der Aus- und Weiterbildung. Die Schulabbrecherquote beträgt 33 Prozent. Achtzig Prozent der betroffenen Stellen erforderten allerdings nur eine geringe Qualifikationen, so dass der größte Teil der gestrichenen Jobs im Niedriglohnsektor verloren ging.
Wer hilft den Jugendlichen?
Viele Jugendliche sind durch ihre Arbeitslosigkeit darauf angewiesen, dass sie von ihren Familien mit versorgt und unterstützt werden. Doch auch bei vielen Familien ist das Gesamteinkommen nach der Krise drastisch gesunken und/oder die Eltern sind selber arbeitslos. Hilfe aus der eigenen Familie ist daher auch immer weniger zu erwarten.
Dann gibt es noch die zahlreichen Hilfsaktionen für bedürftige Familien, die insbesondere auch den arbeitslosen Jugendlichen zu Gute kommen sollen. So ist immer wieder zu lesen, dass in diesem oder an jenem Ort ein Club oder ein gemeinnütziger Verein wieder eine Wohltätigkeitsveranstaltung organisiert hat.
Ehrenamtliche Helfer
Es gibt viele freiwillige ehrenamtliche Unterstützer, die mit engagierter Arbeitskraft, Materialien und Geldspenden helfen. Dennoch ist das Problem der jugendlichen Arbeitslosen so gravierend, so dass diese Aktionen im Ergebnis doch leider nur partiell Hilfe leisten und unterstützen können. Doch immer wieder ist an diesen Aktionen auch zu erkennen, dass es viele freiwillige und äußerst engagierte Helfer gibt, die etwas tun und nicht wegsehen möchten.
So haben sich auf Teneriffa im letzten Herbst alle Bibliotheken der Insel zusammengeschlossen und in der Woche vom 22. Bis 27. Oktober Hilfsgüter aller Art für Bedürftige eingesammelt. Auch diese Aktion, die mit viel Einsatz und umfangreichem persönlichen Engagement ins Leben gerufen wurde, wurde zur Überraschung aller Beteiligten von sehr vielen Menschen aufgenommen und unterstützt. Überall wurden in den Bibliotheken große Mengen an Spenden abgegeben und konnten an bedürftige Familien auf der ganzen Insel weitergeleitet werden.
Hilfsangebot aus Deutschland – junge Spanier in Göttingen
Auch aus Deutschland kommt Hilfe für 30 Jugendliche von den kanarischen Inseln. Von Mitte April bis Anfang Juli 2013 können 15 junge Leute im Alter von 18-29 Jahren ein Praktikum in Göttingen absolvieren. Die jungen Menschen, die auf diese Weise den deutschen Arbeitsmarkt kennenlernen sollen, kommen aus Santa Cruz de Tenerife, der Hauptstadt Teneriffas.
Ihr Aufenthalt in Deutschland ist Bestandteil des Projekts „IdA‐ Reto al futuro“, das von Stadt Santa Cruz de Tenerife, der Stadt Göttingen sowie der Beschäftigungsförderung Göttingen kAöR umgesetzt und von der Europäischen Union, dem Arbeitsmarkservice der Kanarischen Inseln und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales finanziert wird.
Hilfreiches Partnerprogramm
Die Beschäftigungsförderung Göttingen kAöR nimmt kommunale Aufgaben im Auftrag der Stadt Göttingen wahr. Mit ihrem Engagement und ihrer sozialpolitischen Verantwortung ist sie seit Jahren ein fester Bestandteil der aktiven Beschäftigungspolitik in Südniedersachen. Die Tätigkeit der Beschäftigungsförderung umfasst u. a. auch die Beratung, Qualifizierung, Unterbreitung von Ausbildungs- und Arbeitsangebote für Jugendliche und junge Erwachsene.
Die Praktikanten aus Teneriffa kommen im Rahmen des Programmes, das sich an arbeitsuchende junge Menschen bis zu einem Alter von 30 Jahren wendet. Ziel ist es, durch Praktika im Ausland die Chancen von arbeitslosen Jugendlichen bei der Jobsuche zu erhöhen. Nachdem bereits mehrere Gruppen arbeitsuchender Göttinger auf Teneriffa waren und dort Praktika gemacht haben, kommen jetzt arbeitsuchende junge Menschen aus Teneriffa nach Göttingen, um sich hier zusätzliche Qualifikationen zu erwerben.
In der über dreijährigen Zusammenarbeit mit einer Partnerorganisation auf der Kanarischen Insel, der Sociedad de Desarollo in Santa Cruz, entstand der Wunsch, auch auf umgekehrtem Weg zusammenzuarbeiten. Die zweite Gruppe junger Kanarier wird Ende August in Göttingen erwartet. Die Beschäftigungsförderung organisiert und begleitet das Projekt und hat die Praktikumsplätze ausgesucht. Angeboten werden Arbeitsplätze im Handwerksbereich, wie Schlosserei, Elektriker oder Friseur. Aber auch Plätze in der Hotellerie, als Koch oder im Service, in der Tourismus-Branche sowie in der Altenpflege und im Einzelhandel sind zu haben.
Zum Programm gehören nach einem vorbereitenden Sprachkurs in der Heimat ein begleitender Deutschkurs vor Ort, das Praktikum sowie begleitende wöchentliche Gruppenveranstaltungen und Exkursionen in der Region.
Junge Menschen in Europa sollen schneller einen Job finden
In noch größerem Umfang hat ganz aktuell im Mai die EU-Kommission die Pilotinitiative „Dein erster EURES-Job“ gestartet. Diese Initiative soll sowohl Jugendliche bei ihrer Suche nach einem Arbeitsplatz als auch Unternehmen bei der Anwerbung junger Arbeitnehmer aus ganz Europa unterstützen. Neben anderen wurden auch die nationalen Arbeitsagenturen von Deutschland und Spanien beauftragt, dieses Anliegen umsetzen. In der ersten Phase sollen mindestens 5000 Jugendliche einen Job finden. Das Pilotprojekt soll dazu dienen, Jugendlichen zu helfen, in anderen europäischen Ländern einen Arbeitsplatz zu finden. EU-Kommissar László Andor erklärte: „Menschen mit bestimmten Qualifikationen zu helfen, in einem anderen Land, das diese Qualifikation benötigt, einen Arbeitsplatz zu finden, kann Teil der Bewältigung der europäischen Beschäftigungskrise sein.“
An diesem Pilotprojekt können junge Menschen zwischen 18 und 30 Jahren und Unternehmen aus allen EU-Mitgliedstaaten teilnehmen. Die Arbeitssuchenden können einen Zuschuss von bis zu 300 Euro für ein Bewerbungsgespräch im Ausland und eine Starthilfe von maximal 900 Euro bei der Aufnahme eines Jobs im Ausland erhalten. Kleine und mittlere Unternehmen können für jeden über das Projekt Neueingestellten eine Förderung von bis zu 900 Euro für Schulungen oder Sprachkurse beantragen. Der Arbeitsplatz muss in einem der EU-Mitgliedsstaaten liegen und eine vertragliche Mindestlaufzeit von sechs Monaten haben.
Darüber welche Berufe in welchen Ländern besonders nachgefragt sind, können sich die Jugendlichen in einem Informationssystem kundig machen, dass die Kommission veröffentlich hat. Dort sind offene Stellen auf dem europäischen Arbeitsmarkt gelistet. Die meisten offenen Stellen gibt es derzeit für Finanzfachleute, Verkaufspersonal, Haushaltshilfen und Mitarbeiter in der Gastronomie.
Auch wenn alle diese Aktionen sicher nicht dazu beitragen werden, die gravierenden Probleme, die die Jugendlichen auf den kanarischen Inseln bei der Arbeitsplatzsuche haben, von heute auf morgen zu lösen – zumindest senden sie ein Signal, dass das Problem auf den Inseln selber, in anderen Ländern und sogar Europa weit wahrgenommen wird.
Kommentare
Einen Kommentar schreiben